(Registrieren)

Lausitzer Rundschau: Eine Frage des Vertrauens Die Bundeskanzlerin und die Flüchtlingskrise

Geschrieben am 15-10-2015

Cottbus (ots) - Wenn es so weiter geht, wird Angela Merkel im
Bundestag bald die Vertrauensfrage stellen müssen, um die eigenen
Reihen zu disziplinieren. Oder um neu wählen zu lassen. CSU-Chef
Horst Seehofer, aber auch viele CDU-Politiker treiben es systematisch
dahin. Im Grunde fehlt nur noch ein symbolischer Punkt für eine
solche Abstimmung. Das am Donnerstag verabschiedete Gesetzespaket war
es nicht, da herrscht großer Konsens. Vielleicht werden es
Streitereien um Transitzonen oder den Familiennachzug werden. Angela
Merkel hat im Bundestag auch gestern Kurs gehalten. Horst Seehofer in
München ebenfalls. Und zwar dagegen. Erstens geht es um den lauter
werdenden Ruf nach Abschottung. Angela Merkel sagt voller
Überzeugung, dass ein Zaun keine zeitgemäße Antwort ist. Verzweifelte
finden immer einen Weg - oder einen Schlepper. Und Europa wäre nicht
mehr so wie vorher, wenn die Schlagbäume wieder heruntergehen.
Zweitens weigert sich die Kanzlerin, die Flüchtlinge, die es bis nach
Deutschland geschafft und Schlimmstes erlebt haben, auch noch
schlecht zu behandeln, wie ebenfalls zunehmend gefordert wird. Angela
Merkel will, so wie die Mehrheit der Deutschen, morgens in den
Spiegel schauen können. Hätte Deutschland es ausgehalten, die
Unglücklichen zurückzuschicken, wenn es nur 100 000 gewesen wären?
Hätte man die Menschen mit kaltem Blick irgendwo auf dem Balkan oder
gar in der Ägäis stranden lassen, manche auch verrecken? Oder in
Lager gesteckt? Nein, jeder hätte gesagt: 100 000 das schaffen wir
locker. Jetzt, bei fast einer Million, werden die Skrupel geringer.
Aber die Grenze der Belastbarkeit ist damit nicht überschritten.
Überschritten ist nur die Grenze der Flexibilität der obersten
Bundes- und mancher Landesbehörden. Es hat sich im Nahen und Ferneren
Osten sowie in Afrika eine Masse von Menschen in Bewegung gesetzt,
die zumeist echte Asyl- und Schutzgründe und deshalb nichts zu
verlieren haben. Die Balkanflüchtlinge sind da nur ein Randproblem.
Diese Bewegung kann nicht mehr unterwegs gestoppt werden. Gestoppt
werden kann diese Fluchtbewegung nur an ihren Ursprungsorten. In
Syrien, in der Türkei, in Nordafrika. Mit Hilfen, vielleicht auch mit
besserem Grenzschutz. Da will Merkel ansetzen, da will auch die EU
ansetzen. Es ist offen, ob das wirken wird und vor allem wann.
Allerdings ist Merkels Ansatz diesmal nicht alternativlos. Eine
Alternative wäre es, das Asylrecht abzuschaffen. Eine solche
Verfassungsänderung würde bedeuten, den Spiegel umzudrehen und nicht
mehr hineinzuschauen. So weit sind wir Deutschen zum Glück noch
nicht.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

577621

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Alles ein Pack? Zur Debatte in der Flüchtlingsfrage Cottbus (ots) - Die Welt kann so einfach sein: Man schere einfach alles über einen Kamm, und schon sitzt der strenge Hitlerjugend-Scheitel. Allerdings ist der Mangel an Differenzierung kein Alleinstellungsmerkmal für verängstigte Bürger am rechten Rand, die zur Freude der Neonazis gerne mal alles, was irgendwie fremd erscheint, als ausländische Bedrohung markieren. Die Unfähigkeit, klar zu unterscheiden etwa zwischen Kriegsflüchtlingen und Einwanderern oder auch zwischen Flüchtlingskrise und Wertesystem, zieht sich leider durch mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: Schnell handeln hilft VW / Kommentar von Florian Girwert zur aktuellen Entwicklung im VW-Abgasskandal Weimar (ots) - Die Nachrichten sind keine schlechten: Eine frühere Richterin in den Konzernvorstand zu berufen, die sich mit Klüngeleien bei Autoherstellern bereits auskennt, ist der richtige Schritt für die Volkswagen AG. Noch sind keine übermäßig großen Einbrüche der Verkaufszahlen zu verbuchen - und wenn Volkswagen rechtzeitig gegensteuert, muss es dazu vielleicht auch nicht kommen. Natürlich agieren die Wolfsburger nicht nur aus reiner Menschenliebe genau so, wie sie es gerade tun. Sie wissen um wachsame Beobachter aus allen mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: DFB im Zwielicht - Der Fifa-Skandal erreicht Deutschland / Leitartikel von Thomas Czekalla zum DFB und der Vergabe der WM 2006 Weimar (ots) - Mit dem Finger haben sie beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) in den vergangenen Wochen und Monaten auf den korrupten Weltverband Fifa und dessen inzwischen suspendierten Chef Sepp Blatter gezeigt. Sie haben sich am weitesten aus dem Fenster gelehnt und am lautesten Kritik geübt, als Russland und Katar die umstrittenen Weltmeisterschaften 2018 und 2022 erhalten hatten. Seit gestern heißt es, dass Wolfgang Niersbach und Franz Beckenbauer scheinbar keinen Deut besser seien. Bisher galten beide als Ratgeber und Nothelfer mehr...

  • NOZ: Interview mit Bodo Ramelow, Thüringens Ministerpräsident Osnabrück (ots) - Thüringens Ministerpräsident: Ohne Steuererhöhungen geht es nicht "Schuldenbremse in den Ländern angesichts der Flüchtlingskrise nicht zu halten" - Ramelow verweist auf Ängste der Bürger, zur Kasse gebeten zu werden Osnabrück. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht angesichts der Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise die Schuldenbremse bei den Ländern infrage gestellt. "Wenn die Schuldenbremse halten soll, dann müssen wir auf jeden Fall eine Debatte über die gerechte Lastenverteilung mehr...

  • Deutsches Kinderhilfswerk: Untätigkeit der Bundesregierung bei Kinderarmut beenden Berlin (ots) - Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Bundesregierung anlässlich des heutigen Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut auf, die Teilhabechancen von armen Kindern in Deutschland stärker in den Blick zu nehmen. Aus Sicht des Verbandes zeigen aktuelle Untersuchungen wie die Shell Jugendstudie eindringlich, dass die Anstrengungen zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland intensiviert werden müssen. "Die Bundesregierung widmet dem Thema Kinderarmut weiterhin nicht die nötige Aufmerksamkeit. Die positiven mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht