Westfalenpost: Die Lösung liegt in der Mitte
Von Jost Lübben
Geschrieben am 30-12-2015 |
Hagen (ots) - Dass das Jahr 2015 in die Geschichtsbücher eingehen
wird, daran besteht schon lange kein Zweifel mehr. Es steht ebenso
fest, dass die Krisen und Katastrophen unser Land polarisiert haben.
Dabei prallen auf den ersten Blick zwei Gruppen aufeinander:
diejenigen, die die enorme Herausforderung der Flüchtlingskrise mit
dem lapidaren "Alles wird gut" abhandeln möchten und jene, die in
jedem Muslimen mindestens einen Islamisten oder einen potenziellen
Terroristen sehen. Die Lösung aber liegt wie so oft nicht in den
beiden Extremen, sondern in der Mitte. Es ist nur noch nicht
entschieden, ob unsere Gesellschaft diesen Weg zu Ende gehen wird.
Gelebte Integration Denn in der Aufgabe der Integration liegt beides
- die große Chance und die enorme Bedrohung. Vermutlich kann die
Politik zur Lösung nur einen Teil beitragen. Sie bewegt sich immer am
Rande der Überforderung. Wenn 60 Millionen Menschen weltweit im Kampf
ums Überleben und um ein besseres Leben ihre Heimat verlassen, dann
wird Migration auf viele Jahre zum globalen Dauerzustand. Europa hat
angesichts dieser riesigen Herausforderung ein jämmerliches Bild
abgegeben. Nur wenige Länder sind wirklich bereit, Flüchtlinge
aufzunehmen. Manche betrachten die Union nur unter finanziellen
Gesichtspunkten. Die Türkei lässt sich ihr Engagement an der Grenze
zu Syrien von Deutschland und Europa bezahlen. Sie führt einen
Bürgerkrieg gegen die Kurden und schränkt die Freiheit der Presse
ein. Auch in Ungarn und Polen erleben wir einen starken politischen
Rechtsruck. In Deutschland aber haben viele Menschen die
Überforderung von Politik und Verwaltung gespürt und selbst
gehandelt. Über zehn Prozent der Bundesbürger engagieren sich in der
Flüchtlingskrise. Die Menschen spüren genau, dass es einen Weg gibt,
der wahrhaftiger ist, als die Klischees von Multikultur und
Fremdenfurcht es vermuten lassen. Wenn Flüchtlinge in sauerländischen
Dörfern in die Freiwillige Feuerwehr aufgenommen werden, ist das ein
beeindruckendes Beispiel für gelebte Integration. Sehnsucht nach
Normalität Und es ist ein Beispiel für Normalität. Eine Normalität,
nach der wir alle uns nach den furchtbaren Terror-Anschlägen von
Paris so sehr sehnen. Zur Normalität gehört auch, alle in unserer
Gesellschaft in den Blick zu nehmen, die bedürftig sind. Es gibt
Städte in Nordrhein-Westfalen, in denen mehr als 20 Prozent der
Kinder und Jugendlichen unter Hartz-IV-Bedingungen leben müssen. Wenn
die Integration gelingen soll, dann muss allen gleichermaßen geholfen
werden. Es darf keine Konkurrenz entstehen. Dafür braucht es auf
jeden Fall eine prosperierende Wirtschaft und damit Arbeitsplätze -
auch für jene, die nicht erstklassig qualifiziert sind. Dringend
notwendig sind Investitionen in das Bildungssystem. Und
selbstverständlich müssen die Regeln konsequent gelten und
durchgesetzt werden, die unser friedliches Zusammenleben garantieren.
Unsere Freiheit ist ein Wert an sich. Dazu gehört auch, dass nicht
alle bleiben können - also jene abzuschieben, die bei uns kein
politisches Asyl erhalten. Wer aus wirtschaftlichen Gründen kommen
möchte, sollte dies auf der Basis eines Einwanderungsgesetzes tun.
All das schafft Sicherheit und sie entzieht den Rechtspopulisten um
Pegida und AfD den Boden. Dafür wird es höchste Zeit, denn die
Wahrheit liegt in der Mitte. Es lohnt sich, in 2016 mehr Chancen als
Risiken zu sehen.
Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion
Telefon: 02331/9174160
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