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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Entlassungen trotz Rückfallgefahr Sollbruchstelle im Rechtssystem Martin Fröhlich

Geschrieben am 01-03-2017

Bielefeld (ots) - Ein Gericht ordnet an, dass ein Straftäter auf
freien Fuß gesetzt wird - obwohl Psychiater davor warnen. Man könnte
fragen, ob Justitia von allen guten Geistern verlassen wurde. Sollte
man aber nicht, denn die Lage ist komplexer. Insassen des
Maßregelvollzugs sitzen oft länger ein als andere Gefangene - für
gleiche Taten. Das hat damit zu tun, dass sie sich einer Therapie
unterziehen, die möglicherweise nicht nach sechs oder zehn Jahren,
den im Gesetz genannten Fristen, zu Ende ist. Außerdem sitzen sie
länger ein, weil die Annahme besteht, dass von ihnen eine Gefahr
ausgeht. Denken wir an Triebtäter. So war die Situation viele Jahre.
Dann geschahen zwei Dinge. Die grundsätzlich unbefristete
Unterbringung im Maßregelvollzug wurde als Verstoß gegen die
persönlichen Rechte der Gefangenen angesehen. Und das
Bundesverfassungsgericht hat den Spielraum der Erprobung in den
Gutachten einkassiert. Nun sollen Gutachter fast hellseherisch
vorhersagen, ob es einen Rückfall gibt. Um auf Nummer sicher zu
gehen, neigen sie im Zweifel dazu, von einem Risiko zu sprechen.
Damit das keine Endlos-Unterbringung in der Forensik zur Folge hat,
wurden die Hürden erhöht. Prompt steht das Rechtssystem an einer
Sollbruchstelle. Wer hat recht: Medizin oder Justiz? Wessen Rechte
wiegen mehr: Die des Täters oder das der Allgemeinheit auf
Sicherheit? Deshalb wird sich die Gesetzgebung erneut mit Paragraf 67
des Strafgesetzbuches befassen müssen. Vielleicht müssen die Gefahren
genauer definiert werden, die zu weiterer Unterbringung führen
dürfen. Vielleicht helfen abgestufte Varianten des Maßregelvollzugs.
Einfach wird das nicht.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Original-Content von: Neue Westf?lische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell


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