(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur allgemeinen Dienstpflicht: Aus dem Sommerloch von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 13-08-2018

Regensburg (ots) - Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht
statt der ausgesetzten Wehrpflicht könnte man als das Thema im
politischen Sommerloch des Jahres 2018 betrachten. Zumindest liegt es
deutlich vor der Aktion der niedersächsischen Straßenbaubehörde, die
allen Ernstes die Dienste einer Elfenbeauftragten in Anspruch nahmen,
um die unfallträchtige A2 sicherer zu machen. In der politischen
Sommerpause schaffen es immer wieder skurrile Themen in die
Schlagzeilen der Presse und in die sozialen Medien. Tiere gehen
offenbar besonders gut. Man erinnere sich nur an den Kaiman Sammy,
der vor 24 Jahren in einem Baggersee verschwunden war und Deutschland
wochenlang beschäftigte. Der Killer-Wels Kuno soll vor 17 Jahren
sogar einen Dackel gemeuchelt haben. Hohes Erregungspotenzial hatte
erst recht der Bär Bruno, der kurz vor dem Fußball-WM-Märchensommer
2006 in Bayern auftauchte. Dass der "Problem-Bär" (Originalton Edmund
Stoiber) schließlich abgeschossen wurde, wuchs sich fast zu einer
Staatsaffäre aus. Und wenn die erste Reihe der Politik größtenteils
im Urlaub weilt, bietet sich eine Chance für Hinterbänkler, nun
selbst einmal in den medialen Fokus zu rücken. Der einstige
CSU-Abgeordnete Dionys Jobst schlug vor 25 Jahren glatt vor, Mallorca
zum 17. deutschen Bundesland zu machen. Dass er das eigentlich im
Scherz gesagt hatte, tat der Empörung über den Vorschlag keinen
Abbruch. Eine höhere Steuer auf Currywürste, weil die so ungesund
seien, verlangte eine Grünen-Abgeordnete. Und manche Schnapsidee
feierte sogar Wiederauferstehung. Die einstige CSU-Landrätin Gabriele
Pauly plädierte vor elf Jahren für die Ehe auf Probe. Lebenslänglich
gebe es nur, wenn die Ehepartner sieben Jahre nach der Trauung die
Verlängerung beantragten. Vier Jahre nach Paulys Vorschlag machte das
selbe Thema noch einmal Schlagzeilen. Beliebte Themen in eher
nachrichtenarmen Zeiten sind auch die Urlaubsgewohnheiten von
Regierungsmitgliedern. So wie der verstorbene Alt-Kanzler Helmut Kohl
jedes Jahr zum Wolfgangsee reiste und dort mit der Familie für schöne
Bilder posierte, war für Angela Merkel eigentlich immer Wandern in
den Dolomiten angesagt. Oder vielleicht auf der Insel Ischia im Golf
von Neapel. Dass die Kanzlerin heuer nicht in Italien beim Wandern
gesichtet wurde, ließ sogleich Gerüchte über eine Ehekrise aufkommen.
Dabei zeigte sie sich mit Ehemann Joachim Sauer gleich bei drei
Opern-Events in Bayreuth, München und Salzburg. Klassik zur Erbauung
und als Gegenprogramm zum Stress in der Regierung, etwa zum
Dauerclinch mit CSU-Chef Horst Seehofer. Allerdings ließ das
Kanzleramt auch in diesem Jahr offiziell nichts über die Urlaubspläne
der Regierungschefin verlauten. Und dass sie wegen der Dürre ihren
Urlaub unterbrechen sollte, verlangte nur der Chef einer
Umweltorganisation. Regnen lassen, kann es Merkel auch nicht. In
dieser Woche taucht die Kanzlerin, wenn man so will, aus ihrem
zweieinhalbwöchigen Sommerloch wieder auf. Ihr Terminkalender ist
prall gefüllt. Ohnehin sind sie und die anderen Spitzen der Regierung
"ständig im Dienst", über die modernen Kommunikationsmittel jederzeit
erreichbar. Zum Fall Özil - fast schon vergessen - äußerte sich
Merkel aus unbekannter Ferne. Das klassische Sommerloch, dass es
vielleicht noch vor zwei, drei Jahrzehnten gab, existiert in der Welt
von Facebook, Twitter und Co. eigentlich nicht mehr. Die Netzgemeinde
ist ständig aktiv, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Und nicht nur
Donald Trump spielt auf dieser Klaviatur - und löst regelmäßig
Erregungswellen aus, quer über den Globus. In der heutigen, medial
schnelllebigen Zeit kann sich die Politik, können sich Politiker
eigentlich kein Sommerloch leisten, sie müssen ständig präsent,
ständig erreichbar und sprechfähig sein. Dabei wäre ab und zu mal
abschalten, mal offline sein, einfach mal in Ruhe nachdenken, so
wichtig.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

649808

weitere Artikel:
  • neues deutschland: Kommentar zu Flüchtlingspolitik und CSU-Wahlkampf: Erbärmliche 
Bilanz Berlin (ots) - Ziehen wir doch einmal kurz Bilanz. Zur »Flüchtlingspolitik« der Bundesregierung und insbesondere der CSU, die dieses Thema nicht mehr loslässt. Ja fast schon pathologisch Besitz ergriffen hat vom Spitzenpersonal der Regionalpartei. Auf der »Habenseite« stehen da viel Symbolpolitik für ganz Rechtsaußen, die gezielte Verrohung der Sprache, die Diskreditierung von Flüchtlingshelfern und Seenotrettern, die ihre Wirkung zeigt. Hey, und ein zunächst supertolles Abkommen mit Spanien, das völlig irrelevant ist, aber fast mehr...

  • Frankfurter Rundschau: Zu vieles im Dunkeln Frankfurt (ots) - Eine Lösung im Fall des Tunesiers Sami A. hatte Innenminister Horst Seehofer jüngst beschrieben: Der Mann solle weg - sobald ausgeschlossen sei, dass er in Tunesien gefoltert wird. Folter will das deutsche Recht vermeiden. Das betonte das zuständige Gericht - um prompt ignoriert zu werden. Wollen wir das: Politiker und Beamte, die auf Recht und Gesetz pfeifen? Ehe das geklärt ist, kam die nächste Wende in dem Fall: Die tunesischen Behörden erklären, sie hielten Sami A. für unschuldig, klagen nicht an, könnten ihn nicht mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Leiche in der Ardèche gefunden - Polizei: Möglicherweise Vermisster aus Leverkusener Zeltlager-Gruppe Köln (ots) - Leverkusen. Die französische Polizei hat in der Nähe des südfranzösischen Ortes Saint-Julien-de-Peyrolas eine Leiche in der Ardèche gefunden. Das berichtete Major Stéphane Lhyvernay von der zuständigen Gendarmerie dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe). Die Behörden halten es für möglich, dass es sich um den 66-jährigen vermissten Kölner handelt, der als Betreuer mit dem St.-Anton-Zeltlagers aus Leverkusen unterwegs war, das überflutet wurde. Noch am Abend sollten Spezialisten die Leiche bergen und mit der Identifizierung mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Politik diskutiert Hilfen für Landwirte wegen der Dürre Steuermittel sind nur ein Strohfeuer Matthias Bungeroth Bielefeld (ots) - Niemand hätte das im Frühjahr geahnt: der Sommer 2018 wächst sich zu einem Dürrejahr einmaligen Ausmaßes aus. Insbesondere die Landwirtschaft ist hiervon hart betroffen. Doch reflexartig ausschließlich nach kurzfristigen Subventionen des Staates zu rufen, ist nicht zielführend. Was wir wirklich brauchen, ist ein ganzheitliches Handeln von Politik, Landwirten und Verbrauchern. Insofern schoss Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Ende Juli etwas übers Ziel hinaus, als er die Ausrufung des Notstandes mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Schlimmer / Reinhard Breidenbach zu 30 Jahre Gladbeck Mainz (ots) - Wer in jenem August 1989 im Essener Gerichtssaal Blickkontakt zum Geiselgangster Rösner hatte, mag einen winzigen Eindruck vom Irrwitz dieses Verbrechens und all seiner Begleitumständen bekommen haben. Der Mann strahlte einerseits unkontrollierbare Zerstörungsmacht aus, unfassbarerweise aber auch so etwas Ähnliches wie Kumpelhaftigkeit. Degowski dagegen wirkte immer und ausschließlich wie ein verwahrloster Vollidiot, eine Zeitbombe. War es, unter anderem, Rösners Art, die einen Tross von Journalisten anzog wie Motten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht