BERLINER MORGENPOST: Experiment Quereinstieg - Kommentar von Susanne Leinemann zum Lehrermangel in Berlin
Geschrieben am 16-08-2018 |
Berlin (ots) - Auf dem Papier sieht alles gut aus. 2700 Lehrer
gesucht, 2700 Lehrer eingestellt. Dass nur 37 Prozent von ihnen
wirkliche Lehrer mit Staatsexamen sind, die an der Universität
gelernt haben, wie man Unterricht aufbaut, wie man den Schülern
Wissen vermittelt - nebensächlich. Es scheint, hier geht es weniger
um die Qualität als die Quantität. Bildungssenatorin Sandra Scheeres
(SPD) sah sichtbar erleichtert aus bei der Verkündung.
Doch klar ist - das Experiment, pädagogisch Ungelernte in großer
Zahl auf den Berliner Nachwuchs loszulassen, werden nur Teile der
Stadt durchleben müssen. "Die Guten können sich ihre Schule als
Arbeitsort aussuchen", brachte es Carsten Spallek (CDU),
Schulstadtrat in Mitte, frustriert auf den Punkt. Eigentlich müssten
ja gerade die Brennpunktschulen die besten Lehrer erhalten. Die
Realität sieht anders aus.
Berlin kämpft mit der bundesweiten Konkurrenz in der Lehrersuche.
Laut Bertelsmann-Studie fehlen in Deutschland bereits 35.000
Grundschullehrer. Andere Bundesländer locken mit Verbeamtung. Im
schlimmsten Fall bildet Berlin den Nachwuchs an seinen Universitäten
aus, um ihn danach an das nächstgelegene Bundesland zu verlieren.
Die attraktiven Schulen mit den leistungsstarken Schülern, sie
mögen ihre Lehrerstellen vollkriegen. Aber womit sollen Schulen mit
schwierigem Schülerklientel locken? 300 Euro Brennpunktzulage? Nach
Steuerabzug bleibt da nicht mehr viel übrig. Das sind die grauen
Haare kaum wert.
Diese Stadt droht, sozial auseinanderzudriften. Kinder aus
bildungsfernen Familien werden zu Versuchskaninchen gemacht.
Experiment Quereinstieg. Auf dem Papier sieht alles gut aus. Was aber
zählt, ist die Realität. Und die ist bitter.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de
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