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BERLINER MORGENPOST: Vertrauen in Innovation / Leitartikel von Egbert Nießler zu CO2-Grenzwerten

Geschrieben am 18-12-2018

Berlin (ots) - Kurzform: In immer kürzeren Abständen werden ohne
wissenschaftliche Grundlage Grenzwerte definiert, für deren
Einhaltung es derzeit keine technische Lösung gibt. Mal sind es
Stickoxid-Werte, die gegen den Diesel sprechen, jetzt wieder
Kohlendioxid-Grenzen, die den Benzinern das Überleben schwer machen.
Ziel ist es, ganz aus der Verbrennungstechnologie auszusteigen. Aber
wie und was dann? Als Allheilmittel gilt derzeit landläufig die
Elektromobilität. Das Konzept eines batteriegetriebenen Wagens stammt
aus Frankreich und ist vier Jahre älter als der 1885 vorgestellte
Motorwagen von Carl Benz. Wenn sich eine Idee auch nach fast 140
Jahren nicht durchsetzen konnte, kann das nicht nur an der Ignoranz
von Kundschaft und Herstellern liegen. Das Problem war von Anfang an
der Energiespeicher - und der ist es auch heute noch: Reichweite
gering, Preis hoch. Und niemand soll glauben, dass die millionenfache
Herstellung und Entsorgung moderner Akkus umweltschonend wären. Auch
die Rohstoffe dafür sind endlich.

Der vollständige Leitartikel: Kaiser Wilhelm II. galt nicht gerade
als Visionär und brillanter Vordenker. Sollte er mit seinem viel
zitierten und noch mehr belächelten Satz "Ich glaube an das Pferd.
Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung" doch noch recht
behalten? Zumindest scheinen sich in EU-Gremien etliche kaisertreue
Royalisten zu tummeln, die der Autoindustrie, so wie wir sie jetzt
kennen, den Garaus machen wollen. In immer kürzeren Abständen werden
ohne wissenschaftliche Grundlage Grenzwerte definiert, für deren
Einhaltung es derzeit keine technische Lösung gibt. Mal sind es
Stickoxid-Werte, die gegen den Diesel sprechen, jetzt wieder
Kohlendioxid-Grenzen, die den Benzinern das Überleben schwer machen.
Ziel ist es, ganz aus der Verbrennungstechnologie auszusteigen. Aber
wie und was dann? Als Allheilmittel gilt derzeit landläufig die
Elektromobilität. Aber hatte nicht schon 2012 ein Verkehrsminister
Peter Ramsauer eine Million E-Autos bis 2020 auf deutschen Straßen
und ein Hochlaufen des Marktes für derlei Gefährte ab 2015
prophezeit? Was 2015 betrifft, kann mit Sicherheit gesagt werden,
dass er falsch lag - und das Millionenziel für 2020 ist ein gutes
Jahr vor Ablauf der Frist so weit entfernt, dass auch dieses getrost
als gescheiterte Illusion gelten kann. Woran liegt das? Das Konzept
eines batteriegetriebenen Wagens stammt aus Frankreich und ist vier
Jahre älter als der 1885 vorgestellte Motorwagen von Carl Benz. Wenn
sich eine Idee auch nach fast 140 Jahren nicht durchsetzen konnte,
kann das nicht nur an der Ignoranz von Kundschaft und Herstellern
liegen. Das Problem war von Anfang an der Energiespeicher - und der
ist es auch heute noch: Reichweite gering, Preis hoch. Und niemand
soll glauben, dass die millionenfache Herstellung und Entsorgung
moderner Akkus umweltschonend wären. Auch die Rohstoffe dafür sind
endlich. Davon abgesehen kommt auch der Strom für E-Autos nicht
einfach aus der Steckdose. Der Autoverkehr wird sich ändern.
Vermutlich wird sich das gesamte Konzept Individualverkehr mit
eigenem Wagen vor der Tür schon bald überholt haben. Natürlich werden
auch neue Antriebe erfunden werden. Nur politisch beschließen lassen
die sich nicht so einfach. Das wird die Aufgabe von Wissenschaft und
Industrie bleiben, die entgegen kapitalismuskritischer Agitation auch
ohne politischen Druck forschen. Schon allein deshalb, weil sich mit
funktionierenden bahnbrechenden Innovationen jede Menge Geld
verdienen lässt. Nebenbei hat auch niemand etwas gegen saubere Luft
und eine möglichst intakte Umwelt. Hier gibt es immer
Handlungsbedarf, allerdings aber auch keinen Grund für
Weltuntergangsfantasien. Die Belastung der Luft mit Schadstoffen hat
nach Angaben des Umweltbundesamtes in den vergangenen 25 Jahren
deutlich abgenommen. Was noch deutlich schneller gesunken ist, sind
die frei gegriffenen Grenzwerte der Polit-Bürokratie. P.S. Auch
Pferde wären heute nicht mehr genehmigungsfähig, wenn es um
Massenverkehr und Umwelt geht: Um 1900 gab es in London 300.000
Pferde. Jedes davon produziert am Tag 15 Kilogramm Kot und zehn Liter
Harn. Die Exkremente ernährten unzählige Insekten und verpesteten die
Luft - vor allem mit Reizstoffen wie Ammoniak. Das Auto galt denn
damals auch nicht nur als technischer, sondern auch als Sicherheits-
und Gesundheitsfortschritt. Also belächeln wir Kaiser Wilhelm weiter
- vertrauen auf den Innovationsgeist von Wissenschaft und Technik und
hoffen auf weitsichtige Politiker.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


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