Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Strukturwandel im Ruhrgebiet
Grubengold und Gründergeist
Florian Pfitzner, Düsseldorf
Geschrieben am 21-12-2018 |
Bielefeld (ots) - Auf Kohle geboren - wer einmal auf Zeche
Prosper-Haniel gewesen ist und nach einer Grubenfahrt mit der
Mannschaft in der Pause saß, stieß zwangsläufig auf das Motto des FC
Schalke 04. Mit Hingabe haben sie unter der Woche in ihrem
Fußballstadion den Bergbau zu Grabe getragen, Kohle gehört hier zur
Folklore. Tränenreich geriet der endgültige Abschied in Bottrop.
Steigerlied. Schicht im Schacht. Kohle war der Kraftstoff der
industriellen Revolution, das Ruhrgebiet der hochtourige Motor des
Wirtschaftswunders, nachdem das "Grubengold" die Maschinerie zweier
Weltkriege befeuert hat. Die Montanunion gilt als Keimzelle der EU,
des - man sollte sich das gerade dieser Tage vor Augen führen -
größten Friedensprojekts unserer Zeit. Im Revier ist man industrielle
Großstrukturen gewohnt. Bereits zu Beginn der 1980er Jahre hat die
NRW-CDU eine "Selbstständigkeitslücke" im Ruhrgebiet ausgemacht.
Zugleich aber sah sie die Region als klassisches "Energiezentrum".
Was die Kurierung alter Industriezweige anging, war man sich lange
einig mit der mächtigen Sozialdemokratie. Kohle und Stahl sollten die
Grundpfeiler des Ruhrgebiets bleiben - immerhin verdankten die
Menschen ihnen den Aufstieg aus den Trümmern des Krieges. Die CDU
hatte es indes auf die "Verflechtungen" der SPD in der Region
abgesehen; gemeint war ein lähmendes Gekungel und Gemauschel. Argwohn
erzeugte Abschottung. Es hat eine gewisse Tragik, dass die gewichtig
eingeläutete "Ruhr-Konferenz" der schwarz-gelben Landesregierung
heute ganz ähnliche Reflexe auslöst. Statt eine Erzählung für diesen
riesigen Ballungsraum in der Mitte Europas hervorzubringen, droht man
kleinmütig an Parteigrenzen zu scheitern. Dabei gibt es
erfolgversprechende Wirtschaftsprojekte, in Bochum weht Gründergeist,
genauso in Essen. Das Pathos, das nun das Ende des
Steinkohlenbergbaus überlagert, kann einem auf die Nerven gehen.
Ganze elf Jahre ist es her, dass die Politik den Ausstieg festgelegt
hat für diesen gewaltigen industriellen Subventionsempfänger. Die
RAG, 1969 als Stabilisator der Steinkohle gegründet, schätzt die Höhe
der Staatshilfen für den "sozialverträglichen Rückzug" vorsichtig auf
rund 130 Milliarden Euro. Es war ein langer Abschied, am Ende ist er
gelungen. Was bleibt aus der Ära der Steinkohle? Auf Prosper-Haniel
wissen sie das ziemlich genau. Ein Bergmann ließ sich - frei nach dem
römischen Philosophen Cicero - die Tugenden seiner Grubenwehr in
einen Arm stechen: Weisheit und Tapferkeit, Gerechtigkeit und
Mäßigung. Gute Werte für die Zukunft. Glückauf!
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
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