Nachsynodales Apostolisches Schreiben "Christus vivit"; Erklärung von Kardinal Reinhard Marx und Thomas Andonie zum Dokument von Papst Franziskus
Geschrieben am 02-04-2019 |
Bonn (ots) - Zum heute (2. April 2019) veröffentlichten
Nachsynodalen Apostolischen Schreiben "Christus vivit" von Papst
Franziskus aus Anlass der Weltbischofssynode vom 3.-28. Oktober 2018,
erklären der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal
Reinhard Marx, und der Vorsitzende des Bundes der Deutschen
Katholischen Jugend, der als Auditor an der Synode teilnahm, Thomas
Andonie:
Wir danken Papst Franziskus für sein Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Christus vivit sowie allen jungen Menschen aus Deutschland,
die sich auf verschiedene Weise in diesem synodalen Prozess engagiert
haben. Das Schreiben richtet sich sowohl an junge Menschen als auch
an die ganze Kirche und gründet im Abschlussdokument der Synode, das
an vielen Stellen zitiert wird. Es hat uns gefreut, dass mit Romano
Guardini ein großer Lehrer der Jugend aus Deutschland dreimal
angeführt wird, für dessen Seligsprechung wir beten.
Papst Franziskus ermutigt junge Menschen ganz in der Linie des
vergangenen Weltjugendtags in Panama, für ihre Berufung und Mission
nicht erst eine Lebensversicherung abzuschließen, sondern großherzig
im "Ja", "in der Heiligkeit und im Engagement für die eigene Berufung
zu wachsen" (Nr. 3). Damit verdeutlicht er gleich zu Beginn, dass die
Frage nach Jugend, nicht ohne die Frage nach der Berufung gestellt
werden kann. Das Schreiben ist ein Markstein einer kommenden Jugend-
und Berufungspastoral.
Papst Franziskus betont das Prinzip "Jugend leitet Jugend", wenn
er ausführt, "dass die jungen Menschen selbst die in der
Jugendpastoral Tätigen sind - begleitet und angeleitet, doch frei, um
voll Kreativität und Kühnheit immer neue Wege zu suchen" (Nr. 203).
Eine notwendigerweise synodale Jugendpastoral gilt es mit den
verschiedenen Gaben und Charismen zu denken, die Einseitigkeiten wie
"konservativ" oder "progressiv" überwindet und all das aufnimmt, was
das Ergebnis gebracht hat, die Freude des Evangeliums weiterzugeben
(Nr. 205). Inhaltlich beschreibt Papst Franziskus zwei große
Handlungslinien der Jugendpastoral: zuerst die Suche, die Einladung,
andere junge Menschen für die Erfahrung Christi zu gewinnen, und dann
das Wachstum, die Reifung derer, die diese Erfahrung bereits gemacht
haben.
Eine vielfältige Jugendpastoral, wie wir sie auch in Deutschland
vorfinden, stellt jungen Menschen verschiedenste Orte zur Verfügung,
die sie gestalten können, und bietet vielfältige Mittel, um in der
Solidarität mit dem Nächsten zu wachsen. Papst Franziskus wünscht
sich eine "volksnahe Jugendpastoral", die das Evangelium nicht als
abstrakte Idee versteht, sondern flexibel an den verschiedensten
Orten wirkt, wo auch junge Menschen sind. Sie öffnet ausnahmslos
allen jungen Menschen die Tür mit ihren Erfahrungen, Geschichten wie
auch Fehlern und mit ihrer Suche nach Identität. In diesem Sinn kann
man nicht verkennen, dass "die Jugendpastoral immer eine
missionarische Pastoral sein muss" (Nr. 240).
Papst Franziskus ermutigt junge Menschen, am Weg der eigenen
Hoffnungen und Träume entgegen aller Angst festzuhalten und
aufzubrechen. Aus der ständigen Verbindung mit Christus ist es ihnen
möglich, nach geistlichem Wachstum zu streben. Der Papst betont, dass
soziales Engagement ein besonderes Merkmal junger Menschen von heute
ist, und er ermutigt ausdrücklich dazu: "Das bedeutet, inmitten der
Welt und der Gesellschaft zu leben, um ihre verschiedenen Ebenen zu
evangelisieren, um den Frieden wachsen zu lassen, das Zusammenleben,
die Gerechtigkeit, die Menschenrechte, die Barmherzigkeit und so das
Reich Gottes in der Welt zu verbreiten" (Nr. 168).
"Berufung" wird von Papst Franziskus mit der Synode weit
verstanden als "Ruf Gottes", was den "Ruf zum Leben" und "den Ruf zur
Heiligkeit" einschließt (Nr. 248). Auf dem grundlegenden Ruf zur
Freundschaft mit Christus gründet die "missionarische Berufung", der
Dienst am Anderen (Nr. 254). Diesen verbindet er mit zwei
Themenfeldern: der Gründung einer Familie und der Arbeit. Der Prozess
der Unterscheidung der eigenen Berufung benötigt Räume der Stille und
eine gute Begleitung durch qualifizierte Priester, Ordensleute, Laien
oder junge Menschen. Für die Unterscheidung ist die Wahrnehmung der
Lebenswelt junger Menschen von Bedeutung. Papst Franziskus spricht
die drei von der Synode aufgezeigten Themen an: Digitale
Lebenswelten, Migration und Missbrauch in all seinen Formen. Dabei
bekräftigt Franziskus mit der Synode, dass es "kein Zurück mehr"
hinter "rigorose Präventionsmaßnahmen" und "notwendige Aktionen und
Sanktionen" geben darf (Nr. 97). Das ist auch die Haltung der Jugend-
und Berufungspastoral in Deutschland!
Papst Franziskus wünscht sich eine neue Jugendlichkeit der Kirche.
Sie ist jung, wenn sie sich sowohl aus ihrer Quelle heraus erneuert,
als auch Räume des Zuhörens eröffnet, um sich von den (kritischen)
Stimmen junger Menschen stimulieren, hinterfragen und provozieren zu
lassen. In dieser Weise ist Kirche gerufen, den berechtigten
Ansprüchen von Frauen nach Gerechtigkeit und Gleichheit wirklich
Aufmerksamkeit zu schenken (vgl. Nr. 42).
Das Vorbereitungsdokument der Synode rief die Hirten dazu auf, auf
die prophetischen Stimmen junger Menschen zu hören, um die Wege der
Kirche in der Zukunft zu erkennen. Nun schließt Papst Franziskus
diesen Bogen. Wir möchten uns die letzten Worte des Schreibens zu
eigen machen und von allen jungen Menschen in Deutschland wünschen:
"Die Kirche bedarf eures Schwungs, eurer Intuitionen, eures Glaubens.
Wir brauchen das! Und wenn ihr dort ankommt, wo wir noch nicht
angekommen sind, habt bitte die Geduld, auf uns zu warten" (Nr. 299).
Das Nachsynodale Schreiben greift die Dynamik der Wochen der
Synode auf und ist ein wesentlicher Impuls für die weitere Jugend-
und Berufungspastoral in Deutschland. Dieses Ergebnis der Synode
bleibt für uns ein dauerhafter Auftrag, an dem wir gemeinsam arbeiten
werden.
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Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
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