Allg. Zeitung Mainz: Kindeswürde / Kommentar von Michael Klein zum Strafrecht gegen Kinderfasten
Geschrieben am 09-05-2019 |
Mainz (ots) - Keine Freiheit ist grenzenlos. Auch nicht die
Religionsfreiheit. Über allem steht die Würde des Menschen. Wenn die
Religionsfreiheit dazu führt, dass Schulkinder im muslimischen
Fastenmonat Ramadan zusammenklappen, weil sie nicht genug getrunken
und gegessen haben, dann hat die Religionsfreiheit ihre Grenze
überschritten. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat
darauf kürzlich hingewiesen. Ärzte und Kinderschutzbund tun das schon
länger. Doch Appelle an die Eltern und Handreichungen für Lehrer, was
sie tun sollen, wenn ein Kind erschöpft oder dehydriert ist, haben
nicht viel bewirkt. Schon als Bezirksbürgermeisterin in Berlin hatte
Giffey damit keinen Erfolg. Dabei sagen sogar viele Muslime, dass es
nicht im Sinne des Propheten Mohammed ist, wenn Kinder, die in der
Schule voll konzentriert sein müssen, körperlichen Strapazen
ausgesetzt werden. Für Kranke und ältere Menschen gilt das strenge
Fastengebot ohnehin nicht. Und auch gesunde erwachsene Muslime können
frei entscheiden, ob sie fasten oder nicht. Kinder, die in
strenggläubigen Familien aufwachsen, haben diese Wahl nicht. Dabei
ist die Würde des Kindes nicht weniger wert als die Würde des
Erwachsenen. Wenn der Staat die Kindeswürde mit gutem Zureden nicht
schützen kann, weil er die betroffenen Eltern damit nicht erreicht,
bleibt nur das Strafrecht. Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann
(CDU) will diesen Weg zu Recht gehen - zuständig ist allerdings der
Bund. Der sollte sich des Themas unmissverständlich annehmen. Bei der
Schulpflicht, die auch für christliche Fundamentalisten gilt, tut er
das schließlich auch.
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