Mittelbayerische Zeitung: Zulagen schaffen keine Wohnungen / Regensburg zahlt seinen Angestellten eine Arbeitsmarktzulage, München verdoppelt ihre sogar. Die Lösung ist das nicht. Von Katia Meyer-Tien
Geschrieben am 26-06-2019 |
Regensburg (ots) - Tausende Angestellte dürften sich freuen, wenn
die Stadt München in der Morgendämmerung des Kommunalwahlkampfes nun
wieder die Gießkanne hervorholt und nach kostenlosen Mittagessen für
Senioren in den Alten- und Servicezentren der Stadt, freiem
Schwimmbadeintritt für Kinder und Jugendliche und der
Gebührenbefreiung für die Kinderbetreuung nun noch die sogenannte
Münchenzulage für die städtischen Angestellten verdoppeln will:
Angestellte im Dienst der Stadt sollen dann monatlich 270 statt
bislang 133,87 Euro extra bekommen, um sich das Leben in der teuren
Metropole leisten zu können. Obendrauf gibt es noch ein Ticket für
den öffentlichen Nahverkehr. Die Stadt sieht sich dazu gezwungen,
denn sie konkurriert auf dem Arbeitsmarkt mit anderen Kommunen,
kirchenlichen Einrichtungen, aber auch Privatunternehmen, die häufig
bessere Konditionen bieten können. Rund 70 offene Stellen sind
momentan allein auf der Homepage der Stadt München ausgeschrieben,
insbesondere Erzieher, Ingenieure und IT-Spezialisten sind gefragt,
viele städtische Einrichtungen leiden unter Personalmangel. Und
Fachkräfte mit Sonderkonditionen zu locken und so an einen
Arbeitgeber zu binden, hat Tradition, ob mit Werkswohnungen für
Zechenarbeiter im Ruhrgebiet oder mit Eisenbahnerwohnungen. Von
Allianz bis Volkswagen bieten die meisten der großen deutschen
Unternehmen ihren Mitarbeitern auch heute noch Vergünstigungen an -
sei es die Kinderbetreuung im Haus, das Kantinenessen, das
Fitnessprogramm oder das Job-Ticket für den Nahverkehr. Auch die
Stadt Regensburg bietet ihren Angestellten eine Arbeitsmarktzulage,
für angehende Erzieher sollen vergünstigte Wohnungen entstehen, für
alle Beschäftigten der Stadt gibt es einen Zuschuss zum Job-Ticket.
Die Verdopplung der Münchenzulage scheint da angesichts der hohen
Mietpreise in der Hauptstadt nur konsequent. Doch anders als der Bau
von Werkswohnungen oder von vergünstigten Wohnungen für Auszubildende
schafft sie keinen neuen Wohnraum. Und: Die Stadt konkurriert nicht
nur mit Privatunternehmen um Fachkräfte, sondern auch mit den
Kommunen im Umland. Dass das kostenfrei angebotene Nahverkehrsticket
für Angestellte in "Mangelberufen" nicht nur im Münchner Stadtgebiet,
sondern im gesamten MVV-Gebiet gelten soll, zeigt deutlich, dass die
Verantwortlichen auch Fachkräfte anziehen wollen, die im erweiterten
Einzugsgebiet der Stadt wohnen. Die Umlandkommunen belastet das
doppelt: Sie müssen die Infrastruktur für all jene Menschen
bereitstellen, sie sich ein Leben in München nicht leisten können
oder wollen, aber bei der Stadt arbeiten. Oder bei den Firmen, die in
München Gewerbesteuer zahlen und der Hauptstadt damit jene
Milliardeneinnahmen bescheren, die die Münchenzulage überhaupt
möglich machen. Zusätzlich macht die Stadt München den
Umlandgemeinden durch die Münchenzulage aber genau jene Fachkräfte
streitig, die sie zur Aufrechterhaltung dieser Infrastruktur
brauchen. In der Konsequenz werden sich nicht wenige Umlandgemeinden
- und Privatunternehmen ebenso - gezwungen sehen, ihrerseits ähnliche
Zulagen anzubieten bzw. die schon vorhandenen zu erhöhen. Die dabei
entstehende Aufwärtsspirale der Zulagen mag die Angestellten freuen,
die ursprüngliche angestrebte Wirkung aber, die Stadt als Arbeitgeber
konkurrenzfähiger zu machen, verpufft. Stattdessen hat die Erhöhung
sogar das Potenzial, die Lebenshaltung noch teurer zu machen -
nämlich dann, wenn andere Unternehmen tatsächlich nachziehen und mit
finanziellen Anreizen noch mehr Menschen in eine Stadt locken, die
schon jetzt nicht ausreichend bezahlbaren Wohnraum bietet und deren
öffentliches Nahverkehrssystem schon jetzt überlastet ist. Die
Münchenzulage ist und bleibt damit nichts weiter als eine
Placebo-Lösung für ein Problem, dessen Ursache weiterhin ungelöst
bleibt - und das nicht nur in München.
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Mittelbayerische Zeitung
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