Rheinische Post: Kommentar /
Deutschland muss seine Rolle annehmen
= Von Eva Quadbeck
Geschrieben am 03-12-2019 |
Düsseldorf (ots) - Das Auseinanderdriften der Partner der freien Welt ist in
Afghanistan konkret zu besichtigen. Die Mission im Kampf gegen die Taliban ist
dort noch längst nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Angriffe der islamistischen
Kämpfer haben wieder deutlich zugenommen. Während sich die Lage verschärft, sind
insbesondere aber die Amerikaner der Mission müde. Präsident Donald Trump würde
seine Truppen lieber heute als morgen abziehen. Die größte Herausforderung des
Afghanistan-Einsatzes liegt also nicht in der verschärften Sicherheitslage,
vielmehr ist es das Bemühen, die Amerikaner im Spiel zu halten.
Der alte Satz des früheren Verteidigungsministers Peter Struck, wonach
Deutschland auch am Hindukusch verteidigt wird, hat weiter Gültigkeit. Im Fall
eines überstürzten Abzugs der internationalen Truppen würden die islamistischen
Kräfte in Afghanistan schnell wieder Oberhand gewinnen. Die Gefahr, dass von
dort auch wieder Terror in die freie Welt exportiert wird, wäre groß. Es gibt
also ein Eigeninteresse Europas und der USA, den Einsatz fortzusetzen.
Deutschland muss seine Rolle als starke Mittelmacht in Europa annehmen. Es darf
sich aber auch nicht übernehmen. Konkret heißt das für Afghanistan, den Frieden
dort so weit zu sichern, dass die Taliban und der IS von dort aus keine
internationalen Terrornetzwerke unterhalten können. Aber zu glauben, man könne
mit dem Militäreinsatz den Menschen in Afghanistan auch Freiheit, Demokratie und
Gleichberechtigung bringen, ist eine Illusion. Das müssen die Bürgerinnen und
Bürger dort selbst wollen und installieren. Sobald die afghanischen
Sicherheitskräfte in der Lage sind, die Taliban selbst in Schach zu halten,
sollten die Truppen abziehen. Bis dahin aber müssen sie unbedingt bleiben.
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