Prestigebau, zweite Auflage / Kommentar von Isabell Jürgens zur Zentralbibliothek
Geschrieben am 17-01-2020 |
Berlin (ots) - Kurzform: Seit Freitag ist klar, dass die vermeintliche
"Prestige-Bibliothek" von Klaus Wowereit aus dem Jahr 2014 in Wahrheit offenbar
ein Schnäppchen war. So jedenfalls muss man wohl die Aussage von Kultursenator
Klaus Lederer (Linke) verstehen, auch eine halbe Milliarde Euro für die
Bibliothek wäre kein verschwendetes Geld. Eine Summe, die weit über dem liegt,
was für den Wowereit-Bau veranschlagt war. Noch wird Lederer regelmäßig in
Umfragen zum beliebtesten Politiker Berlins gewählt. Das kann sich ändern.
Der vollständige Kommentar: Als Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit
(SPD) 2014 so beharrlich wie unbelehrbar an einem Neubau für die Zentral- und
Landesbibliothek (ZLB) auf dem Tempelhofer Feld festhielt, hatte das
weitreichende Folgen. Für die Stadt, die Bibliothek und seine Person. Das
aufgrund der hohen Baukosten von damals 270 Millionen Euro als teure
"Wowi-Gedächtnisbibliothek" von vielen Bürgern abgelehnte Vorhaben sorgte nicht
nur für ein Scheitern des dringend notwendigen Neubaus, sondern auch dafür, dass
der Volksentscheid, der eine Bebauung des Tempelhofer Feldes verbietet, so
erfolgreich war. Auch für den SPD-Regierungschef persönlich hatte es
Konsequenzen: Neben dem Desaster um den Bau des Großflughafens BER hatte auch
sein trotziges Festhalten an der ZLB seinem Ansehen geschadet. Im selben Jahr
trat Wowereit als Regierender Bürgermeister "freiwillig" zurück - allerdings mit
mehr oder minder sanftem Nachdruck seiner Parteifreunde. Es gehört nun zur
Ironie der Geschichte, dass viele Berliner - darunter vermutlich zahlreiche
Sozialdemokraten - diese Entscheidung liebend gern rückgängig machen würden.
Nicht nur, weil sie sich statt des blassen Senatschefs und
SPD-Landesvorsitzenden Michael Müller wieder eine charismatische Leitfigur
herbeiwünschen. Und auch nicht nur, weil sie angesichts der Wohnungsnot am Rande
des Feldes sehr gern bauen würden. Sondern auch, weil seit Freitag klar ist,
dass die vermeintliche "Prestige-Bibliothek" in Wahrheit offenbar ein
Schnäppchen war. So jedenfalls muss man wohl die Aussage von Kultursenator Klaus
Lederer (Linke) verstehen, auch eine halbe Milliarde Euro für die Bibliothek
wäre kein verschwendetes Geld. Eine Summe, die weit über dem liegt, was für den
Wowereit-Bau veranschlagt war. Noch wird Lederer regelmäßig in Umfragen zum
beliebtesten Politiker Berlins gewählt. Das kann sich ändern.
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