Jede*r dritte Autobesitzer*in offen für Kauf eines Elektroautos
Geschrieben am 04-03-2020 |
Berlin (ots) - VdTÜV-Studie: Zahlreiche Hürden auf dem Weg zur Elektromobilität
+++ Große Mehrheit fordert wegen des Klimawandels Umdenken im Bereich der
Mobilität +++ Digitale Technologien leisten Beitrag zu einem sicheren und
umweltfreundlichen Verkehr +++ Unabhängige Prüfungen digitaler Systeme im
Fahrzeug notwendig +++ TÜV Mobility Conference am 4./5. März in Berlin +++
Gut jede*r dritte Autobesitzer*in (36 Prozent) in Deutschland kann sich
vorstellen, in den kommenden fünf Jahren ein Elektroauto anzuschaffen. Auf der
anderen Seite ist für 56 Prozent der Kauf eines Elektrofahrzeugs in diesem
Zeitraum keine Option. 8 Prozent sind unentschlossen. Das hat eine
repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.000 Personen ab
16 Jahren ergeben. "E-Fahrzeuge waren bisher ein Nischenthema bei Deutschlands
Autofahrern. Der angekündigte konsequente Umstieg auf Elektroantriebe und das
steigende Umweltbewusstsein der Kunden zeigen aber jetzt erste Wirkung", sagte
Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands (VdTÜV), bei Vorstellung
der "TÜV Mobility Studie 2020" in Berlin.
"Es besteht die Chance, dass die Bundesregierung ihre ambitionierten Ziele für
die Elektromobilität erreicht." Demnach sollen bis zum Jahr 2030 mindestens
sieben Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen werden. "Der Umstieg
auf die Elektromobilität ist aber noch längst kein Selbstläufer", warnte Bühler.
"Es gibt immer noch zu viele Faktoren, die aus Sicht der Verbraucher gegen die
Anschaffung eines Elektrofahrzeugs sprechen." Im Ranking der größten Hürden
stehen laut Umfrage die hohen Anschaffungskosten an erster Stelle (48 Prozent),
gefolgt von einer zu geringen Reichweite (47 Prozent) und zu wenigen
Ladestationen (39 Prozent). Zwar sind 46 Prozent der Befragten der Meinung, dass
die Klimabelastung durch den Umstieg auf Elektromobilität reduziert werden kann.
Auf der anderen Seite bezweifeln 41 Prozent das. "Für große Teile der
Bevölkerung sind E-Autos zu teuer, die Reichweiten zu gering und ihr Beitrag zum
Klimaschutz unklar", sagte Bühler. Aus Sicht des TÜV-Verbands sei es notwendig,
die Förderung der Elektromobilität zu verstärken und Aufklärungsarbeit zu
leisten. Letzteres betreffe vor allem die inzwischen deutlich besseren
Reichweiten der E-Fahrzeuge und ihren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz.
Bühler: "Autos sind für Verbraucher eine langfristige Investition. Für sie muss
klar sein, wie sich die Reichweite eines Fahrzeugs über den gesamten
Lebenszyklus entwickelt. Deshalb muss die Leistungsfähigkeit der Batterie im
Rahmen der Hauptuntersuchung überprüft werden können. Dafür brauchen wir klare
gesetzliche Vorgaben."
Laut den Ergebnissen der TÜV-Studie gibt es in der Bevölkerung ein großes
Bewusstsein dafür, dass sich infolge der Klimakrise etwas ändern muss. 69
Prozent der Bundesbürger*innen sind der Überzeugung, dass aufgrund der
Klimabelastung durch den Verkehr ein grundsätzliches Umdenken im Bereich der
Mobilität notwendig ist. Aus Sicht der Befragten liegt in der Rangfolge der
größten Probleme unseres Verkehrssystems die Überlastung der Innenstädte auf
Platz eins (46 Prozent). Es folgen die Luftverschmutzung (40 Prozent), die
Klimabelastung (37 Prozent), zu viele Staus (36 Prozent) und die hohe Anzahl der
Unfälle mit Toten und Verletzten (23 Prozent). "In vielen Bereichen stößt der
Personen- und Güterverkehr an seine Grenzen", sagte Bühler. "Daher führt an
einer Mobilitätswende kein Weg vorbei." Auf die Frage, was die Befragten in
Sachen Mobilität ändern möchten, stehen geringere Kosten ganz oben auf der
Wunschliste: 38 Prozent wollen weniger Geld dafür ausgeben. "Mobilität ist eine
soziale Frage und deshalb muss die Mobilität der Zukunft bezahlbar bleiben.
Hochpreisige Elektro-Oberklassefahrzeuge werden keine Mobilitätswende bringen",
sagte Bühler. "Was für das Auto gilt, gilt auch für den Öffentlichen
Personennahverkehr. Fahrpreise für Bus und Bahn sollten mit Augenmaß festgelegt
werden. Wir schauen mit großem Interesse auf Luxemburg, das den öffentlichen
Personennahverkehr ab sofort kostenlos anbietet."
Digitalisierung beschleunigt die Mobilitätswende
Das wichtigste Verkehrsmittel ist in Deutschland nach wie vor das Auto. Zwei von
drei Bundesbürger*innen (65 Prozent) fahren an Werktagen mit dem Auto. Jeder
Zweite geht zu Fuß (50 Prozent), knapp jeder Dritte nutzt den öffentlichen
Nahverkehr (32 Prozent) und 8 Prozent nutzen Nahverkehrszüge bzw.
Regionalbahnen. Immerhin 29 Prozent fahren werktäglich Fahrrad, und zwar
unabhängig davon, ob sie auf dem Land (28 Prozent) oder in Großstädten leben (29
Prozent). Motorisierte Zweiräder (3 Prozent) und E-Scooter (2 Prozent) fallen
kaum ins Gewicht. "Eine zentrale Rolle für die Realisierung der Mobilitätswende
spielen digitale Technologien", sagte Bühler. Sie ermöglichen Sharing-Modelle,
vernetzen unterschiedliche Verkehrsmittel oder optimieren den Energieverbrauch.
Vor allem aber übernehmen digitale Assistenzsysteme immer mehr Fahrfunktionen
wie lenken, bremsen oder beschleunigen. Dabei kommt vermehrt Künstliche
Intelligenz zum Einsatz. 59 Prozent der Befragten glauben, dass bei einem
breiten Einsatz hochautomatisierter Fahrzeuge die Unfallzahlen sinken werden. 22
Prozent gehen von gleichbleibenden und 9 Prozent von steigenden Unfallzahlen
aus. Bislang würden sich laut Umfrage erst 7 Prozent uneingeschränkt auf
Fahrzeuge mit Künstlicher Intelligenz verlassen. Immerhin jede*r Dritte (34
Prozent) wäre dazu bereit, beim Fahren die Kontrolle an ein technisches System
abzugeben, will aber stets eingreifen können. 26 Prozent akzeptieren KI-Systeme
in unterstützender Form, möchten aber weiterhin selbst fahren. Ebenfalls 26
Prozent sind generell nicht dazu bereit, die Kontrolle abzugeben.
Aus Sicht des TÜV-Verbands ist es notwendig, dass unabhängige Stellen die
Sicherheit digitaler Systeme in Fahrzeugen überprüfen. "Assistenzsysteme und
andere digitale Komponenten sind heute so wichtig wie Bremsen, Lenkung oder
Fahrwerk und müssen genauso geprüft werden", betonte Bühler. Voraussetzung dafür
sei der Zugang zu sicherheits- und umweltrelevanter Software sowie zu den
entsprechenden Daten. Bislang fehlt es allerdings an rechtlichen Vorgaben. Laut
Umfrage sind fast neun von zehn Bundesbürger*innen (88 Prozent) der Überzeugung,
dass die Sicherheit von Fahrzeugen mit Künstlicher Intelligenz regelmäßig
überprüft werden muss. Nur jede*r Zehnte hält dafür einen Zwei-Jahres-Rhythmus
für ausreichend, wie er für die Hauptuntersuchung üblich ist. 42 Prozent halten
jährliche Prüfungen für sinnvoll, 10 Prozent monatliche Checks und 15 Prozent
sogar permanente Prüfungen in Echtzeit. 18 Prozent halten eine Überprüfung bei
jedem Software-Update für die beste Lösung. "Software-Updates können die
Eigenschaften eines Fahrzeugs stark verändern", sagte Bühler. Daher sei bei
jedem Update eine erneute Sicherheitsprüfung erforderlich. "Digitale
Assistenzsysteme können einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten",
betonte Bühler. Parallel dazu müsse die Infrastruktur modernisiert sowie das
Verkehrsrecht, die Alkoholprävention und Verkehrserziehung verbessert werden.
Der TÜV-Verband richtet folgende Empfehlungen an die Politik:
- Digitalisierung für mehr Verkehrssicherheit: Die Bundesregierung
muss ihr noch bis einschließlich 2020 laufendes
Verkehrssicherheitsprogramm zügig aktualisieren. Digitale
Technologien in Fahrzeugen und der Ausbau mobiler 5G- und
WLAN-Breitbandinfrastruktur entlang der Verkehrsnetze sollten
dabei eine zentrale Rolle spielen.
- Software-Checks im Rahmen der HU: Bereits bei der Typgenehmigung
muss Fahrzeug-Software durch ein standardisiertes Verfahren so
eindeutig gekennzeichnet werden, dass Änderungen bei der
Hauptuntersuchung zweifelsfrei erkennbar sind. Das betrifft
sowohl legale Updates als auch illegale Manipulationen an der
Software.
- Unabhängige Prüfungen für KI-Systeme: Software mit Künstlicher
Intelligenz steuert zunehmend die sicherheits- und
umweltrelevanten Systeme eines Fahrzeugs. Unabhängigen Stellen
müssen die integrierten KI-Systeme im Rahmen der Typgenehmigung
prüfen, bevor neue Modelle auf den Markt kommen.
- Cybersecurity und Datenschutz bei Fahrzeugen prüfen: Der
Gesetzgeber muss Prüfvorschriften für Cybersecurity und
Datenschutz einführen. Unabhängige Prüfungen sollten nach
internationalen Standards in festgelegten Intervallen erfolgen.
- Unabhängige TrustCenter für Mobilitätsdaten: Mit Hilfe von
TrustCentern können Fahrzeugdaten verschlüsselt und unter
Einhaltung des Datenschutzes versendet werden. Zugriff auf
originäre Daten erhält nur, wer ein berechtigtes Interesse hat
oder wenn eine Einwilligung der Fahrzeughalter*innen oder
Fahrer*innen vorliegt.
- Anreize für Elektromobilität verbessern: Die Vorteile der
Elektromobilität müssen stärker ins öffentliche Bewusstsein
rücken. Entscheidend sind aber der beschleunigte Ausbau einer
flächendeckenden öffentlichen Ladeinfrastruktur sowie staatlich
geförderte Kaufanreize. Im Rahmen der Hauptuntersuchung ist eine
Funktions- und Wirkungsprüfung der elektronischen
Fahrzeugsysteme einschließlich der Batterie notwendig. Die
Entwicklung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie
sollte weiter vorangetrieben werden.
Der vollständige Studienbericht, eine zusammenfassende Präsentation sowie eine
druckfähige Infografik sind abrufbar unter:
https://www.vdtuev.de/news/mobility-studie Methodik-Hinweis: Grundlage der
Angaben ist eine repräsentative Umfrage der Ipsos GmbH im Auftrag des
TÜV-Verbands unter 1.000 Personen zwischen 16 und 75 Jahren.
Am 4. und 5. März findet die "TÜV Mobility Conference" in Berlin statt. Im
Mittelpunkt stehen die Themen Nachhaltigkeit, Multimodalität, Digitalisierung
und Verkehrssicherheit. Redner sind u.a. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer,
Digitalstaatsministerin Dorothee Bär, Matthew Baldwin, Koordinator für
Verkehrssicherheit der EU-Kommission, Susanne Henckel, Geschäftsführerin des
Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB), Christoph Weigler, CEO UBER
Deutschland, Dr. Maik Böres, Head of Future Mobility Team BMW Group oder Dr.
Dirk Stenkamp, CEO TÜV Nord Group und Mitglied des VdTÜV-Präsidiums. Weitere
Informationen unter www.tuev-mobility-conference.de
Über den TÜV-Verband: Der Verband der TÜV e.V. (VdTÜV) vertritt die politischen
und fachlichen Interessen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung,
Wirtschaft und Öffentlichkeit. Der Verband setzt sich für technische und
digitale Sicherheit bei Produkten, Anlagen und Dienstleistungen durch
unabhängige Prüfungen und qualifizierte Weiterbildung ein. Mit seinen
Mitgliedern verfolgt der TÜV-Verband das Ziel, das hohe Niveau der technischen
Sicherheit in unserer Gesellschaft zu wahren und Vertrauen für die digitale Welt
zu schaffen.
Pressekontakt:
Maurice Shahd
Pressesprecher
Verband der TÜV e.V. (VdTÜV)
Friedrichstraße 136 | 10117 Berlin
T 030 760095-320, E presse@vdtuev.de
www.vdtuev.de | www.twitter.com/vdtuev_news
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/65031/4537290
OTS: VdTÜV Verband der TÜV e.V.
Original-Content von: VdTÜV Verband der TÜV e.V., übermittelt durch news aktuell
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