(Registrieren)

Rheinische Post: SPD rückt ihre Mitte nach links

Geschrieben am 28-10-2007

Düsseldorf (ots) - Von Thomas Seim

Ob Kurt Beck das gewollt hat? Die Reform des Arbeitslosengeldes I
- die hatte er ja gefordert. Aber das Quasi-Aus für die
Bahn-Privatisierung? Das Tempolimit? Die Gemeinschaftsschule? Kurz:
die Verschiebung der politischen Mitte der SPD nach links wollte das
Kurt Beck? Machttaktisch hat der SPD-Chef für sich aus diesem
Parteitag das Optimum herausgeholt. Er, den sie noch vor acht Wochen
mit der Abkürzung BMW für "Beck muss weg" auf der Verliererstraße
sahen, hat beinahe putschartig die Führung übernommen. Bis kurz vor
dem Parteitag war Beck ein Problembär. Jetzt ist er tatsächlich
SPD-Chef. Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier, die beiden
Stellvertreter mit den besten Ergebnissen, müssen sich einstweilen
mit der SPD-Kanzlerkandidaten-Reservebank begnügen. Die Parteilinke
Andrea Nahles ist als Drittbeste gestutzt. Franz Müntefering immerhin
hat sich mit einer furiosen Rede zurück in die SPD-Führung
katapultiert. Auch er muss sich Becks Führungsanspruch fügen. Aber er
hat das Signal gegeben, dass er sich auf Augenhöhe bewegen will. Aus
SPD-Sicht war der gesamte Parteitag ein Akt kollektiver Vernunft, wie
es ihn nicht oft in der Sozialdemokratie gibt. Aber die
Achs-Verschiebung der Partei lässt nun eben auch ein Bündnis mit der
Linkspartei als drohende Möglichkeit am politischen Horizont
auftauchen. Noch gilt dies nur rechnerisch und nicht inhaltlich:
Schon im jetzigen Bundestag hätte die SPD zusammen mit der
Linkspartei und den Grünen eine Mehrheit. Das ist nicht ungefährlich
für die amtierende Kanzlerin. Der Agenda-2010-Kanzler Gerhard
Schröder hat Bayerns Ex-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber angeblich
bereits wissen lassen, dass er ab 2009 mit einem solchen Bündnis
rechnet. Auch diese Option, die sich Beck geschaffen hat, macht ihn
zu einem unangenehmen Verhandlungspartner für Angela Merkel in den
Koalitionsrunden bis zu den Landtagswahlen in Hessen, Niedersachsen
und Hamburg im Frühjahr 2008. Die Union muss nun die von Beck
preisgegebene Mitte einnehmen. Da hat Jürgen Rüttgers Recht. Aber
dafür müsste auch die Union nach links rücken, noch weiter weg von
ihrer konservativen Stammwählerschaft. Schon jetzt gibt es dort
Kritik an Merkels kaum profilierten Mitte-Kurs. Für die Union ist das
deshalb nicht nur Chance, sondern auch Risiko. Der von Rüttgers
ausgehende Streit um das soziale Profil der Union spaltete vor einem
Jahr beinahe die Partei. Damals ließ sich der Streit nur befrieden,
weil niemand daran glaubte, dass die SPD die Schröder-Agenda von sich
aus korrigieren würde. Das Abrücken der Beck-SPD von dieser
Schröder-Agenda spielt den Ball in die Union zurück. Sie muss nun
ihre Antwort darauf finden. Schnell und jedenfalls vor den
Landtagswahlen im kommenden Frühjahr. Das Spielfeld ist wieder
offener geworden. Und das hat Kurt Beck sicher gewollt.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30621.rss2

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

100778

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Pöbelnde Grüne Düsseldorf (ots) - Von Reinhold Michels Man könnte meinen, dass Grüne wie Claudia Roth und Volker Beck vom Eva-Herman-Virus und dessen Symptom "Gedankenarmut" befallen sind. Zu befürchten ist, dass Roth und Beck, die kurz hintereinander gegen Bischof Mixa und Kardinal Meisner ausfällig geworden sind, nicht auch dort landen, wo Herman zu Recht hockt: in der Ecke für quasselnde Unverbesserliche. Mixa und Meisner mögen ihre Positionen zur Bedeutung von Ehe und Familie pointiert, auch anfechtbar vortragen. Die Kirchenmänner deshalb anzupöbeln, mehr...

  • Greenpeace: Aktion im indonesischen Wald gegen illegale Zerstörung / Urwaldzerstörung für Palmöl-Plantagen heizt Klimawandel an Kuala Cenaku, Indonesien/Hamburg (ots) - 60 Greenpeace-Aktivisten und indonesische Umweltschützer halten heute auf Sumatra die Zerstörung des indonesischen Urwaldes auf. Mit dem Bau eines Dammes stoppen sie die illegale Entwässerung des Urwaldes für Palmöl-Plantagen in der Provinz Riau. Palmöl-Firmen brechen indonesische Forstgesetze, in dem sie Torf-Wälder trocken legen, brandroden und für den Anbau von Palmöl nutzen. Indonesien setzt durch Urwaldzerstörung jedes Jahr 2,6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid frei - mehr als die Emissionen mehr...

  • Tempolimit erhöht die Verkehrssicherheit und nützt dem Klima Berlin (ots) - "Die SPD-Basis hat ihrer PS-verliebten Parteiführung ein Tempo-130-Schild vor die Nase gesetzt. Das ist nicht nur ein klares Zeichen dafür, dass immer mehr Menschen in Deutschland das Rasen ohne Limit ablehnen. Der Beschluss macht deutlich, dass den Menschen klar ist, eine wirklich ökologische Industriepolitik sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern sie nützt auch dem Umwelt- und Klimaschutz", sagte Gerhard Timm, Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Jetzt müsse vor allem die CDU/CSU-Führung mehr...

  • PRESSEMITTEILUNG - Beck: Kurskorrektur bedeutet nicht links oder rechts / Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von 4,2 auf 3,5 Prozent Bonn (ots) - Hamburg, 28. Oktober 2007 - SPD-Chef Kurt Beck zeigte sich Sonntag am Rande des SPD-Parteitags im PHOENIX-Interview mit der erhaltenen Zustimmung zu seiner Politik zufrieden. Wörtlich sagte er: "Ich bin vor allen Dingen erfreut. Der Parteitag ist glänzend gelaufen, inhaltlich und was die Personalentscheidungen angeht." In Hinblick auf den Streit mit Franz Müntefering über die Bezugsdauer des ALG I sieht Beck zwar unterschiede beider Positionen aber "keinen Ausnahmezustand" sondern ein "vernünftiges, gutes kollegiales Verhältnis" mehr...

  • Die ersten Entwürfe für ein Umweltgesetzbuch auf dem Prüfstand Freiburg / Berlin (ots) - Konferenz von Öko-Institut, Deutscher Umwelthilfe und Unabhängigem Institut für Umweltfragen in Berlin mit Beiträgen der Parlamentarischen Staatssekretärin Astrid Klug und Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner Die Koalitionsfraktionen haben vereinbart, in dieser Legislaturperiode ein Umweltgesetzbuch (UGB) zu schaffen. Damit soll das Umweltrecht neu geregelt werden. Das Bundesumweltministerium hat dazu bereits weit fortgeschrittene Entwürfe vorgelegt. Umweltjuristen erhoffen sich von dem Umweltgesetzbuch mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht