WAZ: Die Partner stehen sich fremd gegenüber - Leitartikel von Angela Gareis
Geschrieben am 20-11-2007 |
Essen (ots) - Die Erosion der Großen Koalition ist beim Übergang in ihr drittes Jahr besonders deutlich zu sehen. Mittwoch: Abschied von Franz Müntefering aus dem Kabinett. Donnerstag: Koalitionsgeburtstag in Grabesstimmung. Die Tage zuvor und danach: Krach in der Koalition. Ob Mindestlohn, das Schicksal von Hannelore Kohl oder Außenpolitik - nahezu jedes Thema scheint geeignet, um darüber zu streiten. Ganz offensichtlich entwickelt der Verdruss am jeweils anderen eine Eigendynamik, die zu beherrschen immer schwieriger wird. Weil Union und SPD einen Bruch der Koalition fast gleichermaßen fürchten, kämpfen sie um den öffentlichen Eindruck, das Bündnis werde in jedem Fall noch zwei Jahre halten. Nichtöffentlich aber wird in beiden Lagern beratschlagt, ob und wie man aus diesem Bündnisgefängnis ausbrechen könnte.
Der Zustand der Koalition wird in besonderer Weise von Franz Münteferings Rücktritt belastet. Viele Sozialdemokraten haben dank der katastrophalen rot-grünen Kommunikation erst jetzt erkannt, dass die ungeliebten Reformen womöglich nur als ein erster Teil der Agenda 2010 geplant waren. Müntefering stand wie kein anderer Sozialdemokrat in rot-grünen Zeiten so klar zu den Reformen wie zugleich in schwarz-roten Zeiten für einen zweiten Teil der Agenda, für das Kapitel Aufschwung: Menschen in Arbeit zu vermitteln, die aber auch anständig bezahlt werden soll. Kindern über Bildung dabei zu helfen, aus der ererbten Armut zu entkommen. Vor allem durch den Widerstand der Union gegen den Mindestlohn fühlt sich die SPD um die Möglichkeit gebracht zu beweisen, dass sie der Agenda nicht allein wirtschaftspolitischen Verstand, sondern auch sozialdemokratisches Herz eingebaut haben will. An dieser Stelle wird der Streit mit der Union hoch emotional, was sich auch in den Auseinandersetzungen über die Außenpolitik ausdrückt.
Die SPD kämpft um die Deutungshoheit über ihre Politik, was in der Darbietung nicht schön aussieht. Andererseits weiß man noch immer nicht genau, welche Politik Angela Merkel verfolgt. Man weiß eher, was sie nicht will. Auch deshalb stehen Union und SPD einander nach zwei Jahren derart fremd gegenüber, dass wenig Hoffnung auf das Notwendige besteht: Die Parteien disziplinieren sich und reden ganz pragmatisch darüber, was sie mit ihrer selten großen Mehrheit im Bundestag für Wähler noch bewirken können.
Vielleicht muss man ganz pragmatisch erkennen, dass die Koalition geleistet hat, wozu sie im Stande war.
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