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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Tarifstreit im öffentlichen Dienst:

Geschrieben am 11-01-2008

Bielefeld (ots) - 4,0 Prozent, mindestens aber 85 Euro in ersten
Jahr, weitere 2,5 Prozent 2009, bei insgesamt gleichbleibender
Wochenarbeitszeit und Erhöhung des 13. Monatsgehalts vor allem für
Beamte: So ungefähr oder vielleicht auch ganz anders könnte ein
Kompromiss im aktuellen Tarifstreit des öffentlichen Dienstes
aussehen.
Doch Bundesregierung und Kommunen einerseits sowie die
Verdi-Gewerkschaft und der Beamtenbund andererseits sind noch weit
davon entfernt, schon um Zehntel-Lohnerhöhungen zu feilschen. Derzeit
ist Rhetorik angesagt. Man ist weit auseinander, keine Annäherung
erkennbar, eine harte Auseinandersetzung zu befürchten. Eben das ganz
normale Ritual.
Dabei wissen beide durchaus um die Nöte der anderen Seite. Die
Beschäftigten in den Rathäusern, die Müllwerker und die Pfleger in
kommunalen Krankenhäusern, die Lehrer und die Berufssoldaten haben
nach mehreren Defacto-Null- oder sogar Minusrunden eine Lohnanhebung
dringend nötig. Da unterscheiden sie sich nicht von großen Teilen der
Privatwirtschaft und ganz allgemein der Inlandskonjunktur. Doch
niemand kann einem nackten Staat in die Taschen greifen: Die Kassen
sind - der florierenden Konjunktur zum Trotz - zum größten Teil leer.
Man wird, wie immer, einen Kompromiss finden müssen. Schade wäre es,
wenn der Weg dorthin wieder über Streiks führte. Offenbar brauchen
die Menschen jedoch das Ritual. Man stelle sich nur vor, die
Tarifparteien setzten sich schon an diesem (oder am nächsten)
Wochenende zusammen und arbeiteten einen Kompromiss nach obigem
Vorbild oder einem anderen Modell aus. Der Aufschrei wäre auf beiden
Seiten riesig. Bei der bürgerlichen Opposition, weil die Regierung
angeblich leichtfertig Steuergelder verschwende. Bei Beamten und
Angestellten, weil die Gewerkschaften mutmaßlich ein besseres
Ergebnis verschenkt hätten. Über kurz oder lang folgte mit Sicherheit
der Hinweis auf die Lokführer: Die haben wirklich einen Anführer, der
sich für sie einsetzt.
Solche Reaktionen kann sich in Zeiten, da die Gewerkschaften
personell immer weiter ausbluten, keine Arbeitnehmervertretung
leisten.
Bedenklich ist nur, dass das Ritual die Gesellschaft immer teurer
kommt. Auf der Rechnung stehen die wirklichen Kosten für die
Unternehmen und - als »Kollateralschaden«  wie wiederum jüngst beim
Lokführerstreik - für die Volkswirtschaft. Zudem treibt jeder Streik
den Spaltpilz ein Stück weiter zwischen die Arbeitnehmer und ihre
Arbeitgeber sowie zwischen Streikende und Streikbrecher.
Vielleicht sollten die streitenden Parteien im öffentlichen Dienst
deshalb das Unmögliche doch ein Mal wenigstens versuchen: eine
schnelle Einigung ganz ohne Warn- und Tarifstreiks. Damit würden sie
auch der Bahn und den Lokführern das positive Vorbild geben, dass
diese dringend nötig haben. Hartmut Mehdorn und Manfred Schell haben
sich in einer Weise auf ihren Gleisen festgefahren, dass man
allmählich um das System der Tariffindung bangen muss.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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