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Lausitzer Rundschau: Zu Kurt Beck: Der letzte Mohikaner

Geschrieben am 12-05-2006

Cottbus (ots) - Die SPD wird Kurt Beck morgen ein traumhaftes
Wahlergebnis bescheren. Was - oder schlechter: wer - bleibt den
Genossen auch sonst übrig? In nicht einmal drei Jahren hat es die
leidgeprüfte Partei schon mit dem vierten Vorsitzenden zu tun. Selbst
ein Fußballverein im Abstiegskampf wechselt die Trainer weniger
häufig. Im Unterschied zur SPD bietet sich dort aber immer eine
gewisse Auswahl an. Die Sozialdemokraten haben nur noch Kurt Beck. Er
ist der letzte respektable Spitzenkandidat.
Natürlich wird Beck mit Vorschusslorbeeren überschüttet.
Durchsetzungsstark sei er, verlässlich und bodenständig. Sein größter
Verdienst: Beck kann Wahlen gewinnen. So etwas hat bei den
Sozialdemokraten längst Seltenheitswert. Schon deshalb gilt der
Rheinland-Pfälzer als politisches Schwergewicht. Und sonst? Gerhard
Schröder ging als Basta-Chef in die Annalen der Parteigeschichte ein.
Mit seiner Agenda 2010 begann der Niedergang der Genossen. Daran
änderte im Prinzip auch Franz Müntefering nichts. Doch er war der
Vorsitzende der Herzen. Matthias Platzeck schließlich sollte
politisches Vordenken demonstrieren. Doch seine Krankheit zwang ihn
zum Nachdenken und schließlich zum Rückzug. Aber wofür steht Kurt
Beck? Nach allen personellen und inhaltlichen Hakenschlägen wünscht
sich die geschundene Parteibasis Ruhe und Kontinuität. Spätestens
damit beginnen allerdings auch die Probleme. Auch nach Becks Wahl ist
nicht geklärt, wer für die SPD in Berlin letztlich das Sagen hat.
Vizekanzler Müntefering versteht sich immer noch als heimlicher
Parteichef. Und Peter Struck ist als Fraktionsvorsitzender ebenfalls
ein Machtfaktor. Zugleich bekommt es Beck mit der seltsamen Situation
zu tun, dass die Union über die angeblich starke sozialdemokratische
Handschrift in der großen Koalition klagt, aber die Genossen in allen
Umfragen weit hinter der Merkel-Truppe zurückliegen. Es scheint, als
bleibe etwa die unliebsame Anhebung der Mehrwertsteuer an der SPD
hängen, obwohl die Idee ursprünglich von der Union stammt. An der
Steuerpolitik macht sich dann auch das Herzblutthema der
Sozialdemokraten fest: die soziale Gerechtigkeit. Hier ist der
künftige Vorsitzende nicht als Visionär aufgefallen. Im Gegenteil.
Der Staat steht bei Beck genauso im Zentrum des Denkens wie die
klassische Verteilungsgerechtigkeit. Dabei müsste Beck das Verhältnis
von Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Effizienz programmatisch neu
justieren. Ansonsten werden seine Genossen die globalisierte Welt
weiter als Bedrohung empfinden. Insofern verspricht auch die
Auseinandersetzung mit Finanzminister Peer Steinbrück Brisanz, der
ein Fan der Schröderschen Agenda-Politik ist. Die morgige
Krönungsmesse wird schnell vorbei sein. Kurt Beck ist zweifellos
machtbewusst. Ob diese Eigenschaft am Ende zur Kanzlerkandidatur der
SPD taugt, oder nur zum "Ehrenvorsitz", wird die Zukunft der
Koalition zeigen.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=47069
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Rückfragen bitte an:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
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