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Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 27. März 2008 die Debatte um einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking wegen der Unruhen in Tibet:

Geschrieben am 26-03-2008

Bremen (ots) - Der Wille fehlt
von Joerg Helge Wagner
Was wäre tragischer: Wenn Athleten, die jahrelang dafür trainiert
haben, bei den Olympischen Spielen nicht antreten könnten - oder wenn
die um ihre Freiheit ringenden Tibeter am 8. August feststellen
müssten, dass die Welt von ihren Leiden keine Notiz mehr nimmt und
zur Tagesordnung übergegangen ist? Zur Zeit bemüht sich "die Politik"
- und da darf man Sportfunktionäre getrost einordnen - um eine
Lösung, die weder das eine noch das andere eintreten lässt. Das ist
aller Ehren Wert - aber ist es auch realistisch?
Erklärtes Doppelziel ist es, sowohl den Geist der Olympischen Spiele
als auch die Menschenrechte der Tibeter zu retten - genauer:
überleben zu lassen, denn beide sind bereits schwer verletzt worden.
Die Täter: Das Ein-Parteien-Regime in Peking, das jegliche Freiheit
(außer der wirtschaftlichen) brutal unterdrückt und das
Internationale Olympische Komitee das diese Unterdrückung ohne Not
ignoriert hat. Beide haben an ihrer Einstellung bisher kein Iota
geändert. Warum auch? Druck, der diesen Namen verdient, ist ja von
niemandem ausgeübt worden.
Dabei wird es wohl leider bleiben, denn alles, was nun vorgeschlagen
wird, ist entweder kaum ausführbar, kaum spürbar oder dazu angetan,
von den üblichen Bedenkenträgern sofort zerredet zu werden.
Politiker wollen nicht zur Eröffnungsfeier anreisen - als ob das
chinesische Fernsehen dann ihre leeren Plätze zeigen würde.
Stabhochspringer Danny Ecker will "Armbänder gegen die Unruhen"
tragen - klar: Mit einem "Free Tibet!"-T-Shirt würde er ja auch
seinen Rausschmiss aus dem Olympischen Dorf riskieren. Andere
Athleten verweisen gleich auf die Wirtschaft - die aber will
Geschäfte und sonst gar nichts machen. Die EU-Außenkommissarin will
die Entwicklung in Tibet "sehr genau verfolgen" - natürlich von
Brüssel und nicht etwa von Lhasa aus. Eines aber will offenbar
niemand: Peking in echte Verlegenheit bringen.
Was muss außer gezielten Tötungen, Massenverhaftungen, totaler
Abschottung und zynischer Propaganda eigentlich noch passieren, um
den Gastgeber einer internationalen Veranstaltung völlig unmöglich zu
machen? Der Geist der Olympischen Spiele ist 2008 nicht mehr zu
retten, aber um die Menschenrechte der Tibeter könnte man zumindest
noch kämpfen. Dafür bräuchte man die Bereitschaft zum Verzicht,
Konsequenz, Teamgeist, Glaube an den möglichen Erfolg -
Eigenschaften, die nicht nur Spitzensportler auszeichnen sollten.

Originaltext: Weser-Kurier
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30479
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2

Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@btag.info


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