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Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 31. Mai 2008 den Telekom-Skandal:

Geschrieben am 30-05-2008

Bremen (ots) - Mehr als eine Konzernkrise
von Joerg Helge Wagner
Schöner Vergleich: Spitzelei bei einem Telekommunikationsunternehmen
sei wie Giftbeimischungen in einem Lebensmittelbetrieb, meint der
innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter
Wiefelspütz. Dem möchte die Bundesregierung nun also beikommen - mit
einer "Selbstverpflichtung" der Branche zur Einhaltung des
Datenschutzes. Das wiederum ist so absurd wie eine
Selbstverpflichtung der Kfz-Innungen, keine Sabotage an Bremsanlagen
zu betreiben. Der Telekom-Skandal kann einem schon den Glauben an den
gesunden Menschenverstand rauben.
Vor allem aber raubt er einem das Vertrauen in die politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen, auf denen man sich bisher
zu bewegen glaubte. Die jüngsten Wirtschaftsskandale - ob Siemens,
VW, Lidl oder eben Telekom - sind nämlich keine vereinzelten
Konzernkrisen, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem.
So wie die Verantwortungsträger reagieren, könnte man annehmen, dass
sie heimlich auch noch auf der Honorarliste von Oskar Lafontaine
stehen. Mit ihrer vorgeblichen Ahnungslosigkeit, die ihnen ohnehin
niemand abnimmt, leisten die Topmanager einer fundamentalen
Kapitalismuskritik Vorschub, die ihnen eines Tages um die Ohren
fliegen wird. Vereinzelt - wie in Bremen - gibt es schon eine
strukturelle Zweidrittelmehrheit deutlich links von der Mitte. Die
Zumwinkel, Pierer, Kleinfeld, Sommer, Ricke, Obermann tun derzeit
viel dafür, das das so auch bei Bundestagswahl im kommenden Jahr
kommen könnte.
Das bürgerliche Lager - oder was davon übrig ist - schlägt zu Recht
Alarm: Die wirtschaftsnahe FAZ wirft den Wirtschaftsadmirälen
ungewohnt drastisch Feigheit vor; der Chef-Liberale Guido Westerwelle
nennt die Telekom-Spitzeleien schlicht "kriminell" und fordert
Bestrafung der Täter.
Nach den Normen, die sich diese Gesellschaft gegeben hat, ist es aber
auch kriminell, Täter zu decken. Man nennt das Mitwisserschaft. Daran
sollten die hochbezahlten Konzernjuristen ihre Vorstände dringend
erinnern. Das sind sie ihrem Berufsethos schuldig, vor allem aber dem
Gemeinwesen, von dessen Funktionieren schließlich auch die
Unternehmen profitieren. Ob es in einem Konzern, in dem offenbar die
Unternehmensführung ihren Aufsichtsrat und Betriebsrat über Jahre
hinweg bespitzeln ließ, plötzlich zu so viel Einsicht reicht, muss
man jedoch leider bezweifeln.

Originaltext: Weser-Kurier
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30479
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2

Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@btag.info


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