Kampeter: Deutsche Auslandsakademie in Istanbul braucht Exzellenz
Geschrieben am 31-07-2008 |
Berlin (ots) - Anlässlich der in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geführten Debatte über die Ausgestaltung der geplanten Deutschen Auslandsakademie in Istanbul erklärt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Berichterstatter für Kultur und Medien, Steffen Kampeter MdB:
1. Das Projekt einer Auslandsakademie in Istanbul ist eine ausschließlich parlamentarische Initiative. Sie ist angeregt durch die Villa Massimo in Italien, die durch ihre hervorragende Arbeit in den letzten Jahren zum Dreh- und Angelpunkt des deutsch-italienischen Kulturaustausches geworden und mit dem Anspruch von Exzellenz ein zentrales Instrument der Kulturförderung des Bundeskanzleramtes und seines Kulturbeauftragten an einem für die deutsche Geschichte und Kunstgeschichte höchst bedeutsamen Ort ist: in Rom. Rom wurde dereinst West-Rom, weil ein Ost-Rom, nämlich Byzanz, aufgestiegen war. Das römische Reich ging dort, im Osten, unter. Und es scheint, als ob der Ost-West-Konflikt, der in den Jahrtausenden die unterschiedlichsten Formen angenommen hat, auch in unserer Zeit in der Türkei, am Bosporus, seine Schnittstelle findet. Die Unterschiede zwischen Christentum und Islam werden dort offensichtlich, also ist Istanbul ein geeigneter Ort intellektueller, aber mit seiner großen Tradition besonders künstlerischer Auseinandersetzung. Wenn in Deutschland über die Form von Moscheen gestritten wird, dann frage ich mich, warum wir das nicht im kleinen Kreis von Künstlern und Architekten aus beiden Kulturkreisen schon in Istanbul gemacht haben. Im Kleinen, ohne den Zwang einer konkreten Realität, entwickeln sich die Lösungen, die wir alle, hier wie da, so dringend brauchen. Und die verlangen sicher Austausch, aber auch Streit und Kompromiss und die Bereitschaft, die Kunst des anderen zu schätzen und seine Integrität anzuerkennen, gerade weil der Weg zueinander oft so steinig ist. Das erreicht man nicht mit öffentlichen Debatten.
2. Die Kulturhauptstädte Ruhr und Istanbul 2010 bieten einen guten Rahmen, im gleichen Jahr einen Betrieb zumindest zu starten. Das Miteinander von Türken, türkischstämmigen Deutschen, in Deutschland geborenen Türken und Deutschen, der Respekt, den wir uns untereinander schulden, erfordert geradezu eine Deutsche Akademie in Istanbul: wir kommen, wie schon in Rom, um zu lernen, um anzubieten, um zu werben - ja, für was eigentlich? Für ein Deutschland, das unter anderem seine eigenen türkischen Anteile mit in die Türkei bringt. Dies ist als Konzept so ungewöhnlich wie die Realisierung politisch einzigartig.
3. Die konzeptionellen Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen. Es finden eine Reihe von Gesprächen mit Multiplikatoren statt, unter anderem auch mit dem Goethe-Institut, aber auch mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Villa Massimo, der Kulturhauptstadt Ruhr. Diese sind noch nicht abgeschlossen, sondern es werden sich weitere Gespräche mit Einzelpersonen anschließen. Es ist ausgesprochen unglücklich, wenn in diese offene, konzeptionelle Denkphase die Goethe-Bürokratie vorprescht mit dem Vorschlag, bei den Goethe-Instituten zu lokalisieren, was noch gar nicht umfassend beschrieben wurde. Dies wird das Parlament entscheiden. Die Goethe-Bürokratie sollte sich allerdings abwertender Äußerungen zu anderen Mittlern der Kulturpolitik enthalten.
4. Eine aus verschiedenen Erwägungen ins Auge gefasste Liegenschaft ist die kaiserliche Sommerresidenz Tarabya. Sie eignet sich hervorragend als Akademie. Hans Eichel wollte sie verkaufen, doch Statusfragen verhinderten das. Mit dem Orient-Institut gibt es weitere Nutzungswünsche. Ein Beherbergungsbetrieb wird dort ebenfalls vorgehalten. Mit dem Auswärtigen Amt als Verfügungsberechtigtem der Liegenschaft wird derzeit an einer Lösung gearbeitet, konzeptionelle Wünsche und statusrechtliche Fragen in Übereinstimmung zu bringen.
Allerdings muss eines auch klar sein: das Konzept allein bestimmt die Liegenschaft. Sollten also statusrechtliche Fragen einer Realisierung entgegenstehen, muss - auch unter der Gefahr einer zeitlichen Verzögerung - eine örtliche Alternative in Istanbul gefunden werden. Der Exzellenz der Arbeit muss die Exzellenz der Liegenschaft entsprechen, und Exzellenz heißt gewiss nicht Luxus, sondern Exzellenz in der Verwirklichung künstlerischer Arbeit. Die Integrierung der Villa Massimo ins Kanzleramt war ein politisches Signal in Hinsicht auf ihre Erstklassigkeit. Genau das muss auch eine deutsche Akademie in Istanbul erwarten können.
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