Allg. Zeitung Mainz: Alte Rechnung (Kommentar zu SPD)
Geschrieben am 03-08-2008 |
Mainz (ots) - Nein, Wolfgang Clement ist nicht mundtot zu kriegen. Kaum aus dem Urlaub zurück, meldete er sich wieder zu Wort. Zum Thema SPD im Allgemeinen, vor allem aber in eigener Sache. Sein Rauswurf sei Ausdruck eines Richtungsstreits in der SPD, Folge des Versuchs, die Agenda 2010, die er einst mitverantwortet hatte, wieder zurückzudrehen. Dieser Gedanke liegt wahrlich nicht fern, wenn man sich erinnert, wie massiv damals die Parteilinke das Reformwerk bekämpft hatte. Und wenn man nun hört, wie man sich in jener Ecke über den Ausschluss des Ex-Superministers freut, ihn zumindest aber gutheißt, dann nimmt der Gedanke konkret Gestalt an, dass da eine alte Rechnung beglichen wird. Natürlich wird das von den Unterstützern des Rauswurfs vehement bestritten. Ihnen geht es angeblich nur um das parteischädigende Verhalten Clements vor der Hessen-Wahl. Doch hinter dieser Argumentation verbirgt sich nichts anderes als die Suche nach einem Sündenbock, die Absicht, eine hessische Variante der Dolchstoß-Legende aufzubauen. Doch der Versuch, Clement die verlorene Wahl anzuhängen, ist grotesk. Zumal auch erst das unwürdige Nachspiel zur Landtagswahl, der unsägliche Versuch Ypsilantis, sich mit Hilfe der Linken wählen zu lassen und so die Wähler zu betrügen, die SPD in ihre katastrophale Lage gebracht hat. Ginge es also um parteischädigendes Verhalten, müsste viel eher Ypsilanti als Clement ausgeschlossen werden. Zumal die hessische SPD-Chefin in dieser Woche erneut eine schlechte Vorstellung geboten hat. Nach dem Clement-Rauswurf gefragt, antwortete sie im TV knapp, dies sei Sache der NRW-SPD. Und nun stellte sich heraus, dass ihr eigener Frankfurter SPD-Unterbezirk aktiv am Ausschlussverfahren beteiligt war. Wenn sie davon nichts gewusst hat, sollte sie schleunigst als SPD-Chefin zurücktreten, hat sie aber davon gewusst, dann offenbart sich einmal mehr ein sehr leichtfertiger Umgang mit der Wahrheit.
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