WAZ: Walter Kohls Erinnerungen - Der hohe Preis der Politprominenz - Leitartikel von Norbert Robers
Geschrieben am 06-08-2008 |
Essen (ots) - Reden wir über Politiker. Über diejenigen also, die einen Großteil unseres Lebens regeln, die uns Vorschriften machen, denen wir unsere Zukunft und die unserer Kinder anvertrauen, die unser aller Steuergeld verwalten, die uns in der Welt repräsentieren. Politiker leben mehr oder weniger öffentlich - was die Überzeugung vieler Bürger nährt, Politiker zu kennen. Dabei ergibt sich, grob vereinfacht, in etwa folgendes Bild: durchaus verantwortungsbewusst, aber eben auch eitel, machtverliebt und oft unglaubwürdig. Aktuell verspüren nur noch sechs Prozent der Bundesbürger eine besondere Achtung vor Berufspolitikern. Nur Buchhändler sind noch unbeliebter.
Dafür muss man kein Mitleid empfinden. Für dieses miserable Ansehen hat die politische Klasse weitgehend selbst gesorgt. Wobei nicht verschwiegen werden sollte, dass es wie immer die wenigen schwarzen Schafe sind, die das Renommee der gesamten Kaste verhageln. Zudem gilt: Jede Gesellschaft hat die Politiker, die sie verdient.
Nicht alle Politiker verdienen Hochachtung. Aber sie alle verdienen eines: Respekt. Das öffentliche und veröffentlichte Bild über Politiker ist alles andere als vollständig. Es ist mal schwarz, mal weiß. Ähnliche Regeln gelten im Sport, in der Wirtschaft. Umso bemerkenswerter sind die Kindheits-Erinnerungen von Walter Kohl, die der älteste Sohn von Altkanzler Helmut Kohl jetzt offenbart. Der 45-Jährige berichtet von Hänseleien in der Schule, von Beleidigungen, vom Spielen unter Polizeischutz, von schmerzhafter Isolation. Sechseinhalb von sieben Tagen war sein Vater seinerzeit außer Haus - für Walter Kohl war Helmut Kohl nur ein "Schattenvater".
Niemand verlangt, auch Walter Kohl nicht, Bedauern oder Mitleid. Aber in seinen Äußerungen klingt zu Recht der Wunsch an, diese Kehrseite des Politiker-Lebens zumindest nicht beiseite zu schieben und in das Gesamturteil über die politische Elite einfließen zu lassen.
Angela Erwin, die Tochter des jüngst verstorbenen Düsseldorfer Oberbürgermeisters Joachim Erwin, prägte in diesem Zusammenhang in ihrer Trauerrede einen bemerkenswerten Satz: "Wir haben meinen Vater an die Stadt verloren." Spitzen-Politiker, Spitzen-Manager: Sie alle wissen, worauf sie sich einlassen. Aber ihre Bereitschaft, diese spezielle Art von Verlust und Verzicht zu akzeptieren, geht allzu leicht in den Pauschalurteilen vieler Beobachter unter. Das hat niemand verdient.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-2727 zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
151878
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Michael Vesper Bielefeld (ots) - Natürlich kann man das Verbot rechtsradikaler Seiten in Deutschland nicht mit dem Verbot des Auftritts im Internet von Amnesty International in China gleichsetzen. Das hat Michael Vesper, deutscher Ober-Olympionike mit Bielefelder Vergangenheit, aber nicht getan. Dennoch darf seine Wortwahl so kurz vor den Spielen, so kurz nach den Tibet-Diskussionen, so kurz nach der eingestandenen Naivität des Internationalen Olympischen Komitees im Umgang mit den kommunistischen Machthabern des Riesenreichs als besonders klarer mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Müll im Meer Bielefeld (ots) - Es ist ein Skandal, der weitgehend unbekannt ist: Unvorstellbare Mengen Müll schwimmen im Meer. Müll, der von Schiffen geworfen wird, Abfälle, die von Flüssen mitgetragen oder an Küsten achtlos weggeschmissen werden. Genaue Zahlen kennt niemand. Die amerikanische Akademie der Wissenschaften schätzt, dass jährlich mehr als 6,4 Millionen Tonnen Abfälle ins Meer gelangen. Dort werden die Kunststoffe durch Sonneneinstrahlung und Wellenbewegungen allmählich kleiner und kleiner gemahlen, bis nur noch eine Art Pulver übrig mehr...
- Rheinische Post: Rückzug in Schwerin Düsseldorf (ots) - Von Gregor Mayntz Der Mann mit dem markanten Dickschädel macht nicht viele Worte. Aber er hat Stil: Harald Ringstorff erklärt den 3. Oktober, den Tag der Deutschen Einheit, zu seinem letzten Arbeitstag als Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns. Die Wende brachte den Chemiker in die Politik. 19 Jahre später hört er damit wieder auf. Der Rückzug vor den Neuwahlen 2011 war erwartet worden. Durch seine sommerliche Ankündigung hat er das Heft des Handelns keine Minute aus der Hand gegeben. Wie sein christdemokratischer mehr...
- LVZ: Irrgarten Gesundheitssystem Leipzig (ots) - Von Olaf Majer Da rügt der Bundesrechnungshof die ausufernden Bezüge mancher Krankenkassenvorstände und verlangt eine Obergrenze. Und zugleich schlagen die Ärzte Alarm, weil die schmalbrüstigen Honorare, die eben jene Kassenvorstände für die Mediziner fordern, keine umfassende Vorsorge für Patienten mehr zulassen. Zwei Meldungen, die streng genommen nichts miteinander zu tun haben. Und doch gehören beide blutdrucksteigernde Nachrichten zusammen, weil sie das ganze Bild vom deutschen Irrgarten namens Gesundheitssystem zeigen. mehr...
- Rheinische Post: Auf den Spuren der Römer Düsseldorf (ots) - Von Lothar Schröder Spurensuche ist in Xanten ganz wörtlich zu verstehen: So findet sich am Eingang des neuen Römer-Museums ein geheimnisvoller Bodenabdruck. Mit antiken Spuren von Hufen, Soldatenschuhen, von nackten Füßen der Kinder, den Rädern der Wagen. Der ganze römische Alltag findet sich hier im niederrheinischen Schlamm. Vergangenheit, die sich eingegraben hat ins Erdreich, in einem unbedeutenden Augenblick damals vor 2000 Jahren. Und wir stehen davor und staunen oder denken uns Geschichten aus, die zu diesem mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|