Allg. Zeitung Mainz: Zu Hartz-IV-Urteilen - "Sensibilität ist gefragt"
Geschrieben am 19-09-2008 |
Mainz (ots) - Das Urteil aus Kassel schafft Klarheit: Wer aus Steuermitteln Arbeitslosengeld II benötigt, muss auch mittels Kontoauszügen seine finanzielle Situation belegen. So eindeutig dieses Urteil auch ist - das Thema sollte differenziert gesehen werden. Da ist auf der einen Seite der berechtigte Anspruch auf den Schutz der Sozialdaten. Mit Verweis darauf hat der 43-jährige Arbeitslose der Arbeitsagentur seine Kontodaten verweigert. Angesichts der vielen Fälle, in denen bereits ganz persönliche Daten von Menschen in die falschen Hände geraten sind, ist die Sorge des Mannes nur zu verständlich. Je weniger Informationen man von sich preisgibt, desto besser, empfehlen Datenschützer in der heutigen, elektronisch fast perfekt vernetzten Welt. Dem entgegen steht die Verpflichtung der Arbeitsagenturen, vor der Auszahlung von Geld an Hartz-IV-Empfänger auch deren Bedürftigkeit zu überprüfen. Da hier öffentliche Gelder verteilt werden, ist dies kein genereller Missbrauchsverdacht, sondern verantwortungsvolles Handeln. Insofern konnten die Richter nur gegen den Arbeitslosen entscheiden. Doch das Urteil ist das eine - die Umsetzung im Alltag der Jobcenter sicherlich etwas ganz anderes. Von allen, die dort mit der Auszahlung von Arbeitslosengeld II beschäftigt sind, muss besondere Sensibilität im Umgang mit Menschen erwartet werden. Denn für die meisten Empfänger von Arbeitslosengeld II ist es sehr schwer, sich und anderen ihre Bedürftigkeit einzugestehen und den entsprechenden Antrag zu stellen. Wenn dies in den Jobcentern bedacht wird und der Blick auf Kontodaten auf ein Minimum beschränkt wird, kann das Kasseler Urteil dabei helfen, Missverständnisse zu vermeiden und für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen.
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