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WAZ: Dank Krise und neuer Spitze - Die SPD ist zurück. Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 19-10-2008

Essen (ots) - Jetzt rüttelt also Gerhard Schröders Erbe
Frank-Walter Steinmeier am Zaun des Kanzleramts - und niemand lacht.
Das war noch vor sechs Wochen völlig anders. Die Sozialdemokraten
sind wieder obenauf: Die ungelöste Bankenkrise und die gelöste
Führungskrise haben den dramatischen Stimmungswandel möglich gemacht.

Das Trio Steinmeier, Müntefering und Steinbrück sieht eben nicht
nur stärker aus als Kurt Beck allein, es ist auch von völlig anderem
Gewicht. Drei gestandene Profis mit reichlich Regierungserfahrung in
Berlin bringen eben erheblich mehr auf die Waage als ein
dünn-nerviger, auch rhetorisch nicht allzu tief pflügender Pfälzer.
Außerdem arbeiten die drei alten Neuen zusammen in einer klaren
Rollenverteilung, anders als damals das Trio der Intrigenkönige
Lafontaine, Scharping und Schröder, die sich ein beinahe lustvolles
Gegeneinander leisteten. Weil die Lage viel zu ernst ist, als dass
Wähler den Luxus ertragen würden, Spitzenpersonal bei der
Selbstzerfleischung zuzugucken, passen die drei roten Realos gut in
die Zeit. Die SPD hat Fortune: Sie bietet die richtigen Leute zur
passenden Zeit auf.

Und die Finanzkrise ist ein Genosse: Die Fragen, die sie
aufwirft, muten allesamt sozialdemokratisch an. Wie kann der Staat so
stark werden, einen entfesselten Kapitalismus samt seiner ungeschickt
bis verantwortungslos agierenden Repräsentanten wieder einzufangen?
Ist mit den US-Banken gleich auch noch die amerikanische Spielart des
Neoliberalismus an ihr Ende gelangt? Wie lassen sich die anscheinend
hilflosen "kleinen Leute" vor einem Teil der Bosse schützen?

In der Krise beherrscht der rote Sturm inzwischen souverän das
Spielfeld. Die Union ist in der Defensive, woran derzeit auch die
Kanzlerin nichts zu ändern vermag. Quasi hinter der Seitenlinie
agiert die Linkspartei: Auch für sie sind die Zeiten zu wichtig - wer
schenkt denn ausgerechnet jetzt einer Wünsch-dir-was-Partei Glauben?
Und dann ist da noch dieser seltsame, alte, zornige,
antidemokratische Präsidentschafts-Kandidat, der die Linkspartei
unfreiwillig als das enthüllt, was sie mindestens auch ist:
verfassungsfeindlich, geschichtsvergessen, DDR-nostalgisch,
kleinkariert, gefährlich Ressentiment-geladen.

Die SPD hat also einen guten Lauf. Sie glaubt wieder an sich
selbst. Und hätte die Sozialdemokratie nicht allzu oft ihre fatale
Neigung bewiesen, im Zweifel sich selbst am allermeisten zu schaden,
man müsste tatsächlich beginnen, sich ernsthaft Gedanken zu machen um
die Bundeskanzlerin.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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