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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Geschrieben am 25-11-2008

Bielefeld (ots) - Parteichef Franz Müntefering hatte die Weichen
perfekt gestellt. Wolfgang Clement sollte mit allen Mitteln in der
SPD gehalten werden. Doch auch die Basis, die vehement seine
Bestrafung forderte, wollte befriedet werden. So stand Salomon Pate,
als die Bundesschiedskommission am Montagabend ihr Urteil sprach und
es bei einer Rüge beließ. Alle Beteiligten wahren ihr Gesicht, ein
Ausschluss wegen »parteischädigenden Verhaltens« aber ist vom Tisch,
der Mitstreiter aus seligen Agenda-Zeiten gerettet.
Dachten der SPD-Chef und sein Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier
jedenfalls. Doch was macht Clement ganze zwölf Stunden später? Er
gibt das Parteibuch, das man ihm eben noch wegnehmen wollte, aus
freien Stücken zurück, kehrt der SPD nach 38-jähriger Mitgliedschaft
den Rücken und holt zur Generalabrechnung aus.
Undank ist der Welten Lohn. Doch was hätte man anderes erwarten
sollen von einem Sturkopf wie Clement? Von einem stets
rechthaberischen, mitunter auch recht eitlen Mann, für den ein
Unentschieden schon immer mehr eine Niederlage als ein Punktgewinn
war? Und warum soll man Clement nachtrauern? Lange schon ist den
Bezeichnungen NRW-Ministerpräsident, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit sowie stellvertretender Parteichef die Silbe »Ex«
voranzustellen. Jetzt halt auch Ex-Sozialdemokrat. Die große Bühne
der Politik hat Clement längst verlassen. Mehr noch: Der 68-Jährige
ist als Berater für große Energiekonzerne tätig. Das hat seiner
Kritik am energiepolitischen Kurs der in Hessen wahlkämpfenden
SPD-Frau Andrea Ypsilanti erst richtig »Geschmack« verliehen.
Doch so einfach ist die Sache nicht. Clement mag ein Querkopf sein,
seine Kritik am Ypsilanti-Kurs mag eine lobbyistische Note haben.
Fakt ist: Clement hat mit vielem Recht, was er gestern zu Protokoll
gegeben hat. Und er spricht vielen Genossen aus der
sozialdemokratischen Seele.
Es kann um die innerparteiliche Demokratie der SPD nicht gut stehen,
wenn einer Kritik à la Clement prompt ein Parteiausschlussverfahren
folgt und wenn vier hessische Landtagsabgeordnete, die ihrem Gewissen
folgen, als »Abweichler« und »Rebellen« gebrandmarkt werden. Vom
Wunsch nach Geschlossenheit und politischem Erfolg getrieben, drohen
die Sozialdemokraten Parteiräson mit Kadavergehorsam zu verwechseln.
Clements Rücktritt ist eine bittere Niederlage für das Führungsduo
der SPD. Die Flügelkämpfe in der Partei werden wieder stärker werden.
Vor allem aber erinnert Clements Rücktritt an die Fragen aller
Fragen: Wie halten wir es mit der Linken? Hier haben der Parteichef
Müntefering und der Kanzlerkandidat Steinmeier bis dato eine denkbar
schlechte Figur abgegeben. Man mag beiden das klare Nein zu einer
Zusammenarbeit auf Bundesebene zwar persönlich abnehmen, aber das
reicht nicht.
Müntefering und Steinmeier müssen führen, sonst werden sie
vorgeführt. Von Ypsilanti, Clement oder wem auch immer.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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