Lausitzer Rundschau: zur Debatte um die Rolle der Ost-CDU / Genug Aufregung
Geschrieben am 02-12-2008 |
Cottbus (ots) - Die Sache ganz einfach "tiefer hängen", sagt Joachim Gauck, der frühere Hüter der Stasi-Akten zur Diskussion um die Rolle der Ost-CDU in Zeiten der DDR. Recht hat er, wenn diese Aufforderung allen gilt - denen, die jetzt allzu schnell anklägerisch über Politiker wie den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich herfallen, aber auch jenen, die umgekehrt den Eindruck erwecken wollen, als sei die frühere Mitgliedschaft in der weitgehend von der SED kontrollierten Blockpartei CDU eine Heldentat gewesen. Und erst recht gilt das natürlich für Gregor Gysi, der tatsächlich bei anderen Klärungsbedarf entdeckt. Da wäre seine Partei ja nur noch mit sich selbst beschäftigt, wenn sie in Ost wie in West die eigenen Sünden der Vergangenheit unter die Lupe nehmen würde. Es gab für die Mitgliedschaft bei der Ost-CDU die unterschiedlichsten Gründe. Manchmal waren sie ehrenhaft, manchmal aber auch vom blanken Opportunismus geprägt. Wer wirklich etwas Wichtiges zu bestimmen haben wollte in der DDR, der war jedenfalls in keiner dieser Blockparteien. Damit reduziert sich auch die Verantwortung der Funktionäre dieser bedeutungslosen Alibiveranstaltungen auf den ganz persönlichen Charakter. Was deswegen viel wichtiger ist, als die Untersuchung des fragwürdigen Verhaltens einiger Politiker, die heute in Amt und Würden sind, ist der klare Blick zurück. Insofern ist Stanislaw Tillich wesentlich stärker gefordert als bei der Aufklärung der letzten Details seiner Biografie. Er, wie so manch anderer, der in der DDR am Rande der Macht agierte, weiß aus eigenem Erleben genau, wie eng die Grenzen waren, innerhalb derer ein selbstbestimmtes Leben möglich war. Dies ist gerade für einen Politiker im Osten Deutschlands nicht immer einfach und gewiss nicht populär. Aber sie ist in aller Offenheit und in allen Details Aufgabe von Männern wie Tillich. Denn wer, wenn nicht er, kann glaubwürdig begründen, warum das SED-System an seinen inneren Widersprüchen scheitern musste? Solche notwendige Zeugenschaft kann und muss man von einem früheren Funktionär einfordern. Leider aber droht auch diese Verpflichtung in der gegenwärtigen Aufregung unterzugehen.
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