Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Darwin-Jahr 2009
Geschrieben am 27-01-2009 |
Bielefeld (ots) - Hier irrte Charles Darwin: Auf Isabela, einer Galápagos-Insel, gibt es eine dritte Leguanart - Darwin kannte nur zwei. Was alles Übrige angeht, hat der Mann aus Shrewsbury recht behalten. Bis auf den heutigen Tag wird Darwin in Fachzeitschriften zitiert, was sensationell ist, wenn man bedenkt, dass die Evolutionstheorie jetzt 150 Jahre alt wird. Dennoch ist die Liste der Irrtümer ellenlang, und sie wird immer länger und länger - nur dass wir jetzt eben nicht mehr von der modernen Biologie sprechen. Wir sprechen jetzt von jenen, die Darwin nie verstanden haben, was sie aber nicht hindert - ja: überhaupt erst dazu befähigt - ihr ideologisches Süppchen auf dem Flämmchen der eigenen Selbstgerechtigkeit zu kochen: Sozialdarwinisten und Rassisten, religiöse Eiferer, Kreationisten und Intelligent Designer. Spinner diese, Verbrecher jene. Man müsste kein Wort über sie verlieren, wenn sie denn tauben Ohren predigten, aber die Gesellschaft, die sich seit der Aufklärung so viel auf ihre Erkenntnisfähigkeit einbildet, lauscht dem Unfug mit Wonne. Seien wir ehrlich: Das ist ein Bildungsproblem. Wo die Lektüre richtiger Bücher zum natürlichen Feind des Homo freizeiticus wird, kann man ihm auch erzählen, dass Noah ein Zeitgenosse des Brontosaurus ist und der Wissenschaftsbetrieb Hokuspokus. Das ist auch ein politisches Problem. Wo der Lehrer zum Feind des gestressten Alleinerziehenden wird, während die Volksvertreter am Schulsystem herumdoktern, kann man jedem weismachen, dass der Stärkere immer recht hat, dass der Krieg ein natürlicher Vorgang ist und Sozialhilfe Verschwendung. Nichts dergleichen hat Darwin je gesagt, nichts dergleichen hat er gemeint. Der FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher hat unlängst die vielen Irrtümer beklagt, malt sich aber einen Lichtstreif an den Horizont: Zur großen Darwin-Party 2009 steigen wir aus den alten Plünnen, die uns die Intelligent Designer und ältere Hexenmeister auf den Leib geschneidert haben, und kleiden uns in den Stoff, aus dem die Wissenschaft ist. Ex Shrewsbury lux? Schön wär's ja, aber das wollen wir erst einmal abwarten, ob es wirklich Tag wird in den Köpfen. Die Realität sieht anders aus: Alan Leshner, der Geschäftsführer der US-Vereinigung für wissenschaftlichen Fortschritt (AAAS), des weltgrößten Forschungsverbands, wählt eine kriegerische Metapher: »Kein Zweifel - die Wissenschaft ist in der Defensive.« Vorerst gilt: Kampfanzug statt Laborkittel. Interessanterweise hat wenigstens die evangelische Kirche ihren Frieden mit der Evolution gemacht, vor mehr als 100 Jahren schon. Aber wer geht noch in die Kirche? Es kann nicht oft genug gesagt werden: Darwin und die Bibel widersprechen sich nicht, denn der Evolutionsbiologe und der Theologe bestellen verschiedene Äcker. In der Welt haben Noah und der Brontosaurus Platz. Nur eben nicht zur gleichen Zeit. Darwin wusste das. Herzlichen Glückwunsch, Charles
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