Deutsche Umwelthilfe: CCS-Gesetzentwurf dient den Kohlekonzernen und widerspricht Europarecht
Geschrieben am 04-03-2009 |
Berlin (ots) -
- Querverweis: Ein Dokument liegt in der digitalen Pressemappe zum Download vor und ist unter http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -
Mit heißer Nadel gestrickter Entwurf der Regierung behindert den Aufbau eines zukunftsfähigen Energiesystems auf Basis Erneuerbarer Energien - Unkalkulierbare Finanzrisiken für norddeutsche Bundesländer, die Verantwortung für die Langzeitsicherheit der Speicher übernehmen sollen - EU-Vorgaben zur Genehmigung neuer Kraftwerke werden aufgeweicht - DUH-Bundesgeschäftsführer Baake fordert in Stellungnahme grundsätzliche Überarbeitung
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Speicherung von Kohlendioxid insbesondere aus Kohlekraftwerken dient dem Erhalt hergebrachter Strukturen in der Energiewirtschaft zu Lasten von Bundesländern und Steuerzahlern. Er unterläuft teilweise die Vorgaben aus Brüssel und behindert den dynamischen Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland. Das sind die Kernaussagen einer Stellungnahme, die die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) am Dienstag (3. März) der Bundesregierung übermittelt hat. "Der Gesetzentwurf ist erkennbar mit heißer Nadel gestrickt. Sein zentrales Ziel ist es, das Überleben der Kohle-Verstromung zu sichern und den Kohlekonzernen RWE und Vattenfall zu Diensten zu sein", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Dafür sei die Bundesregierung offenbar bereit, Nachteile bei der weiteren Entwicklung Erneuerbarer Energien und für die Steuerzahler in Kauf zu nehmen. Der Entwurf müsse dringend in wichtigen Punkten überarbeitet werden.
Der Gesetzentwurf privilegiere in seiner jetzigen Form die Energiekonzerne in unerträglicher Weise. So ermögliche er ihnen, große Gebiete Norddeutschlands praktisch unbefristet auf ihre mögliche Eignung zur Speicherung von Kohlendioxid zu untersuchen und dort andere Nutzungen wie etwa die Erschließung der Geothermie als Energiequelle der Zukunft zu verhindern. Die Konzerne können nach den Regelungen des Gesetzes Untersuchungsgenehmigungen für mögliche CO2-Lagerstätten erwirken, die dann in der Praxis zeitlich kaum mehr begrenzt werden können. Jede planerische oder raumordnerische Abwägung zugunsten anderer Nutzungen wird ausgeschlossen. "Es werden Claims abgesteckt, die zukunftswichtige Entwicklungen blockieren, selbst wenn später am entsprechenden Standort keine einzige Tonne CO2 eingelagert wird", sagte Baake. Dabei gehe es möglicherweise auch um künftig in der Region geplante Druckluftspeicherkraftwerke oder große Erdgasspeicher, die auf Jahrzehnte behindert würden. Bundesländer wie Schleswig-Holstein müssten sich genau überlegen, ob sie solche langfristigen Behinderungen für ihre eigene Wirtschaft in Kauf nehmen wollen.
Die Bundesregierung sieht in ihrem Entwurf vor, dass die Betreiber der Endlager schon 20 Jahre nach Schließung der möglichen Lagerstätten sämtliche Pflichten und Verantwortlichkeiten zu ihrer Sicherung auf das jeweilige Bundesland übertragen können. "Auf die Bundesländer und ihre Bürger kommen neuartige und völlig unkalkulierbare Finanzrisiken zu", sagte Baake. Es sei schwer vorstellbar, dass norddeutsche Finanzminister Milliardenrisiken eingehen, nur damit die Braunkohleverstromer in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg die Energiestrukturen der Vergangenheit bis über die Mitte des 21. Jahrhunderts aufrechterhalten können.
Die DUH kritisiert in ihrer Stellungnahme darüber hinaus, dass der in gemeinsamer Federführung von Wirtschafts- und Umweltministerium formulierte Gesetzentwurf die von der Europäischen Union in der CCS-Richtlinie beschlossenen Genehmigungskriterien für neue Kohlekraftwerke in ihr Gegenteil verkehre. Die CCS-Richtlinie der EU legt fest, dass neue Kraftwerke mit einer Leistung von mehr als 300 Megawatt nur genehmigt werden dürfen, wenn die Nachrüstung mit CCS-Technik möglich ist. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung schreibt dagegen lediglich das Bereithalten einer genügend großen Fläche auf dem Betriebsgelände vor. Selbst dieser Pflicht können die Betreiber entgehen, wenn sie nachweisen, dass Nachrüstung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. "Ohne weitreichende Nachbesserungen wird dieser Entwurf den EU-Vorgaben nicht gerecht und deshalb keinen Bestand haben", sagte die Juristin und Leiterin Europäische Umweltpolitik der DUH, Dr. Cornelia Ziehm. Weil die CCS-Technik mit der gleichermaßen aufwändigen Abscheidung, ihrem Transport in mehrere hundert Kilometer langen Pipelines und der Tiefenlagerung des Kohlendioxids sehr teuer wäre, sei es für die Betreiber ein Leichtes, im Einzelfall eine angebliche Unzumutbarkeit nachzuweisen. Das Ergebnis werde sein, dass in vielen Fällen nicht einmal Flächen für eine spätere Nachrüstung der Kraftwerke bereitgehalten werden.
Baake erinnerte daran, dass die Bundesregierung die Zwei-Jahres-Frist zur Umsetzung der für ein zukunftsfähiges Energiesystem zentralen EU-Energieeffizienzrichtlinie habe verstreichen lassen und schon seit Mai 2008 in Verzug sei. Baake: "Jetzt erleben wir eine ganz andere Bundesregierung: Die CCS-Richtlinie der EU ist noch nicht einmal in Kraft, die Umsetzungsfrist hat noch nicht einmal begonnen und schon ist der Gesetzentwurf da. Das Gesetz ist eine Morgengabe der Bundesregierung an die großen Kohlekonzerne kurz vor der Bundestagswahl. Effizienz wird behindert, Kohleverstromung zu Lasten von Umwelt und Steuerzahlern gefördert."
Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V. Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2
Pressekontakt: Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0151 55 01 69 43, Tel.: 030 2400867-0, Fax: 030 2400867-19, E-Mail: baake@duh.de
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Europäische Umweltpolitik, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0160 94182496; Tel.: 030 2400867-17, E-Mail: ziehm@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21, Fax: 030 2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
189714
weitere Artikel:
- Pofalla: Steinbachs Verzicht verdient hohe Anerkennung Berlin (ots) - Berlin, 4. März 2009 015/09 Zu dem Verzicht von Erika Steinbach auf einen Sitz im Stiftungsrat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" erklärt der Generalsekretär der CDU Deutschlands, Ronald Pofalla: Der Schritt von Erika Steinbach verdient hohe Anerkennung. Mit ihrem Verzicht auf einen Sitz im Stiftungsrat zeigt sie menschliche Größe und politische Weitsicht. Sie stellt die Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen über ihre eigenen Wünsche und Hoffnungen. Erika Steinbach beweist damit eindrucksvoll, von welchem mehr...
- CSU-Landesgruppe / Koschyk: Erika Steinbach verdient Respekt Berlin (ots) - Anlässlich der Erklärung des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach auf eigenen Wunsch vorläufig nicht für den Stiftungsrat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zu nominieren, erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Hartmut Koschyk: Die Entscheidung der BdV-Präsidentin, Erika Steinbach, vorläufig nicht dem Stiftungsrat der Stiftung 'Flucht, Vertreibung, Versöhnung' anzugehören ist ehrenvoll und verdient Respekt. Andernfalls würde dem Projekt wegen der mehr...
- BUND: Risiken der CO2-Abscheidung und -Endlagerung müssen Stromkonzerne tragen. CCS-Gesetz muss Sicherheit und Haftung Vorrang geben Berlin (ots) - Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur "Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Lagerung von Kohlendioxid" (CCS-Gesetz), der kommende Woche vom Kabinett verabschiedet werden soll, wird vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) als überflüssig angesehen. "Wir halten ein Gesetz für unnötig, das der Verstromung von Kohle eine Zukunft sichern soll, die sie aus Klimaschutzgründen nicht hat. Die Verpressung des Klimagiftes CO2 in tiefe Erdschichten ist eine technologische Sackgasse und nützt nur jenen Energiekonzernen, mehr...
- Bleser/Jahr: Union für Verbot des Handels mit Robbenprodukten Berlin (ots) - Zur heutigen Debatte zum Vorschlag einer EU-einheitlichen Regelung des Handels mit Robbenerzeugnissen im Ausschuss Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erklären der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Bleser MdB und der Tierschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Peter Jahr MdB: Die Unionsfraktion begrüßt den von der Europäischen Kommission im vergangenen Jahr vorgelegten Vorschlag einer Verordnung über den Handel mehr...
- Oskar Lafontaine: Regierung muss selbst Konzepte entwickeln Berlin (ots) - Zu den bekannt gewordenen Kriterien der Bundesregierung zur Gewährung von Staatshilfen für Unternehmen erklärt der Vorsitzende der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Oskar Lafontaine: "Die bekannt gewordenen Kriterien der Bundesregierung für Staatshilfen dürften die Unsicherheit der Beschäftigten in den von der Wirtschaftskrise betroffenen Unternehmen weiter erhöhen. In marode Banken haben Merkel und Steinbrück Milliarden Steuergelder gepumpt - ohne den Geldfluss wieder in Gang gebracht zu haben. Jetzt wollen Merkel und mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|