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Berliner Morgenpost: Kommentar - Die Versprechen von heute sind die Lügen von morgen

Geschrieben am 03-05-2009

Berlin (ots) - Man muss nicht Deutschlands berühmtester
Schuldnerberater Peter Zwegat sein, um ein paar Grundsätze solider
Haushaltsführung zu beherrschen. Regel Nummer eins: Nicht mehr Geld
ausgeben als absehbar in die Kasse kommt. Regel Nummer zwei: Wenn
Schulden, dann investiv - geliehenes Geld wird also nicht verjuxt,
sondern in Projekte gesteckt, die eines Tages Gewinn abzuwerfen
versprechen. Drittens: Unbedingt eine Überschuldung vermeiden. Denn
Miese im Übermaß blockieren jede Handlungsfreiheit. Und viertens, die
Kür: Reserven für schlechte Zeiten anlegen.
Im Wahlkampfwahn des Krisenjahres 2009 geben sich beide regierenden
Volksparteien größte Mühe, all diese einfachen Haushaltsregeln
gleichzeitig zu ignorieren. Nach Bankenschirm, Konjunkturpaketen und
Abwrackprämie legte die SPD noch einmal nach mit dem Lohnsteuerbonus.
Und Arbeitsminister Olaf Scholz packte gleich noch eine
Rentengarantie oben drauf. Natürlich gibt sich der Sozialverband VdK
so billig nicht zufrieden und fordert Nachschlag. Es war nur eine
Frage der Zeit, bis die Kanzlerin kontern würde. Jetzt ist es so
weit: Angela Merkel verspricht weniger Steuern, mehr Investitionen
und selbstverständlich Schuldenabbau. Weihnachten, Ostern und
Freibier an einem Tag ist allerdings wahrscheinlicher. Schließlich
wissen nicht nur die aufmüpfigen CDU-Ministerpräsidenten, dass es der
Bundesregierung selbst in den Jahren 2007 und 2008, als die
Steuereinnahmen sprudelten wie nie zuvor, nicht gelungen ist, ohne
neue Schulden auszukommen.
Denn sicher ist derzeit nur eines: Niemand kennt auch nur annähernd
den Stand in den Kassen von Bund, Ländern und Kommunen. HRE und
Kurzarbeitergeld, steigende Sozialleistungen durch Jobverlust und
zahllose andere bisweilen nicht einmal abzusehende Kostenposten wie
das Cross Border Leasing vieler Städte addieren sich zu einem Knäuel
finanzieller Ungewissheiten. Nur eines steht fest: Die Schulden
werden mächtig und lassen keinerlei Spielraum für Späße. Wir erinnern
uns an 2003, als die Städte die meisten ihrer Betriebe
privatisierten, um ihren laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten. Die
meisten öffentlichen Sparguthaben, in welcher Form auch immer, sind
verfrühstückt. Knappheit wird die kommenden Haushalte diktieren, im
Bund, in Berlin, sogar in Baden-Württemberg.
Jedes Versprechen heute wird unausweichlich morgen in Enttäuschung
münden. Relativ frisch ist noch die Mehrwertsteuer-Flunkerei aus dem
Wahlkampf 2005. Aus zwei Prozent (CDU) und null Prozent (SPD) wurden
letztlich drei Prozent Aufschlag. Lügen mit Ansagen sind die
sicherste Methode, die kostbare Ressource Vertrauen zu verspielen.
Fakt ist: Nach der Wahlparty gibt es keine Geschenke, sondern einen
Dreiklang aus höheren Steuern, Streichungen und Inflation. Die ewig
bemühte Ausrede von Kassensturz und Finanzierungsvorbehalt sind
nichts anderes als gut sichtbar gekreuzte Finger.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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