Westdeutsche Zeitung: Wahlkampf = Von Frank Uferkamp
Geschrieben am 01-09-2009 |
Düsseldorf (ots) - Dreieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl gibt es ein vernehmliches Rumoren in der NRW-CDU. Der Ausgang der Kommunalwahl mit den unerwartet hohen Niederlagen in Köln, Mönchengladbach und Essen und die nur äußerst knappen Siege in Krefeld und Münster haben die Basis verunsichert. Zumal erstmals seit langer Zeit der große Trend nicht mehr auf Seiten der Christdemokraten ist - wie vor allem die Landtagswahlen im Saarland und Thüringen beweisen. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat also Recht, wenn er vor Selbstzufriedenheit warnt und seine Parteifreunde wachzurütteln versucht. Im Kern warnt er vor einem Schlafwagen-Wahlkampf. Das Problem: Alle wissen, dass er selbst genauso an die Macht gekommen ist. Auch Rüttgers hat wie nun Merkel vor viereinhalb Jahren nahezu jede inhaltliche Auseinandersetzung mit der SPD gemieden und ist konkreten Positionierungen ausgewichen - nimmt man den Bereich Bildung aus. Als Scharfmacher taugt er also nur bedingt. Rüttgers sieht sich selbst als natürlicher Erbe von Johannes Rau, gibt den Landesvater, setzt auf sozialpolitische Harmonie statt gesellschaftliche Kontroverse. Diesen eher präsidialen Ansatz hat er auch Kanzlerin Angela Merkel als Erfolgsrezept verkauft und ihr so die neoliberalen Ideen des Leipziger Parteitags ausgetrieben. Ein Abteilungsleiter Attacke wird er also in diesem politischen Leben nicht mehr. Seine Forderung nach einem politischeren Wahlkampf, das Verlangen nach einer Zuspitzung in der Auseinandersetzung ist gleichwohl ein Weckruf im Schlafwagen. Die erfahrenen Wahlkämpfer Roland Koch und Christian Wulff haben wie Rüttgers die gleichen Schlüsse gezogen: Es muss Feuer unter den CDU-Kessel, wenn der sicher geglaubte Sieg nicht wieder aus den Händen gleiten soll. Natürlich richtet sich die Kritik auch an die Kanzlerin. Gleichwohl wissen in der CDU alle, dass sie keine Frau für die Marktplätze und den politischen Nahkampf ist. Tatsächlich stellen die drei Ministerpräsidenten dem obersten Wahlkampfmanager Ronald Pofalla ein verheerendes Zeugnis aus. Er muss den Angreifer spielen, im besten Falle Attacken orchestrieren und die eigene Wählerschaft mobilisieren. Bisher kommt da nichts.
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