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Report Mainz: Neue Vorwürfe der Anklageschrift belasten Jörg Tauss Politiker verlangte laut Zeugen gezielt nach Kinderpornos mit Jungen

Geschrieben am 22-09-2009

Mainz (ots) - Der wegen Kinderpornografie angeschuldigte
Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss wird nach Recherchen von "Report
Mainz" durch bisher unveröffentlichte Ermittlungsergebnisse schwer
belastet. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe sieht die Behauptung des
früheren SPD-Politikers, er habe sich kinderpornografische Bilder und
Videos lediglich aus Recherchegründen in seiner Eigenschaft als
Internet-Experte seiner Fraktion besorgt, durch die Ermittlungen
eindeutig widerlegt. Die Anklageschrift, die "Report Mainz" vorliegt,
listet im Einzelnen sieben Untersuchungsergebnisse auf, die Tauss'
Aussagen widersprechen. Die Karlsruher Staatsanwaltschaft sieht es
daher als erwiesen an, dass sich der Bundestagsabgeordnete das
illegale Material beschaffte, um sich damit sexuell anzuregen.

Auf Anfrage von "Report Mainz" weist Tauss die Vorwürfe zurück und
stellt die geringe Datenmenge des Materials heraus. Es habe sich bei
den gefundenen Bildern und Videos lediglich um etwa 35 Megabyte
gehandelt. Gegenüber "Report Mainz" erklärt Tauss wörtlich: "Ich
kenne das Material aber nicht einmal im Detail, da ich es in
Briefmarkengröße und im Gegensatz zur Auffassung der
Staatsanwaltschaft zum Zweck verwendete, mir einen Überblick über die
Szene zu verschaffen, nicht aber zur sexuellen Befriedigung."

Bei den gefundenen Dateien handelt es sich laut Anklageschrift um
Kinderpornografie mit Darstellungen von Oral- und Analverkehr sowie
anderen sexuellen Vorgängen mit Kindern und Jugendlichen. Die
Ermittler schätzen das Alter der Kinder in vielen Fällen auf sechs
Jahre, in einem Fall sogar nur auf ein bis zwei Jahre. Laut
Anklageschrift sprechen die Fundorte der sichergestellten drei DVDs
und des Handys mit den verbotenen kinderpornografischen Dateien in
Tauss' Berliner Wohnung für eine private Nutzung: Die Ermittler
hätten zwei DVDs in einem Regal hinter Büchern versteckt gefunden.
Eine weitere DVD befand sich in der Innentasche eines Jacketts, das
in einem Kleiderschrank im Schlafzimmer hing. Das Handy habe Tauss
ebenfalls im Schlafzimmer in einem Koffer aufbewahrt. Tauss sagt
gegenüber "Report Mainz", es habe sich um seine Dienstwohnung
gehandelt: "Welche Rückschlüsse die Auffindeorte zulassen, überlasse
ich getrost ggf. einem Richter." Die Indizien seien "durchaus
ambivalent".

Für ein privates Interesse des Bundestagsabgeordneten an den
Kinderpornos spricht laut Staatsanwaltschaft auch die Tatsache, dass
fast nur Bilder und Videos von männlichen Kindern und Jugendlichen
gefunden wurden. Mehrere Zeugen, die früher mit Tauss
Kinderporno-Dateien tauschten, bestätigten den Ermittlern zudem, dass
der Politiker gezielt nach Jungs verlangt habe. In diesem
Zusammenhang weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass die
Polizei in einem Koffer unter Tauss' Bett auch mehrere Videos,
Zeitschriften, Romane und Kurzgeschichten mit legaler
Erwachsenen-Pornografie aus der Homosexuellen-Szene gefunden hat.
Dies deute ebenfalls auf eine entsprechende private Neigung des
Angeschuldigten hin. Tauss entgegnet auf Anfrage von "Report Mainz",
ihm sei bei seinen Recherchen ein "Einstieg" in die Szene nur bei
einer homosexuellen Telefon-Hotline gelungen. Zum Tausch habe er auch
"Erwachsenenmaterial" anbieten müssen. Tauss widerspricht auch den
Zeugenaussagen: "Das Verlangen wurde eher auf deren Seite
formuliert."

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hat sich Tauss auch durch
Widersprüche in seinen Aussagen gegenüber den Ermittlern belastet. So
habe der Politiker zuerst jede Verbindung zu Kinderpornos
abgestritten, als er mit dem Vorwurf am 5. März 2009 zuerst im
Bundestag und später am gleichen Tag während der Durchsuchung seiner
Berliner Wohnung konfrontiert wurde. Tauss habe erstaunt reagiert und
betont, der Vorwurf werde sich sicher schnell aufklären. Als die
Polizisten die Erwachsenen-Pornografie unter seinem Bett fanden, habe
er gesagt, Staatsanwaltschaft und Polizei seien vermutlich deswegen
gekommen. Als schließlich die DVDs und das Handy mit
Kinderpornografie entdeckt wurden, habe er sich dazu nicht geäußert.
Erst in einer Pressekonferenz am 11. März 2009 habe Tauss angegeben,
als Bundestagsabgeordneter zum Thema Kinderpornografie verdeckt
recherchiert zu haben. Die Staatsanwaltschaft hätte von Tauss jedoch
erwartet, dass er die Ermittler viel früher auf seine angeblichen
Recherchen hingewiesen hätte, wenn er tatsächlich davon ausgegangen
wäre, die kinderpornografischen Bilder und Videos als ausgewiesener
Fachpolitiker zu Recht zu besitzen. Tauss hingegen betont auf Anfrage
von "Report Mainz", er habe von Anfang an auf seine dienstliche
Recherche hingewiesen. Darüber sei auch schon am Abend des 5. März
2009 "in Fernsehnachrichten" berichtet worden. Der ermittelnde
Kommissar habe an jenem Tag aber "nur noch Angaben zur Person und
eine Terminvereinbarung" von ihm erhalten wollen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Tauss auch vor, falsche Angaben zur
Dauer seiner angeblichen Kinderporno-Recherche gemacht zu haben. Der
Angeschuldigte habe nachweislich bis Ende Januar 2009 über sein Handy
Kinderpornos getauscht. Den Ermittlern hatte Tauss aber gesagt, er
habe seine Recherchen schon im Herbst 2008 eingestellt. Als
aufschlussreich bewertet die Staatsanwaltschaft auch die Tatsache,
dass Tauss weder seine Ehefrau noch die engsten Mitarbeiter in seine
angeblichen Recherchen eingeweiht habe. Gerade wenn er eine
öffentlichkeitswirksame Präsentation geplant hätte, hätte es
nahegelegen, seine Ergebnisse spätestens in der politischen Debatte
um die Sperrung von Internetseiten Ende 2008 publik zu machen.
Gegenüber "Report Mainz" erklärt Tauss, er habe durchaus andere
Menschen ins Vertrauen gezogen. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten
jedoch nicht danach gefragt. Falsche Angaben erklärte er mit
mangelndem Erinnerungsvermögen, es handle sich dabei nur um marginale
Abweichungen.

Die Staatsanwaltschaft hält Tauss' angebliche Recherche zu
aktuellen Vertriebswegen von Kinderpornografie auch deswegen für eine
reine Schutzbehauptung, weil Bundeskriminalamt und
Landeskriminalämter bereits seit 2006 öffentlich informierten, dass
Kinderpornografie auch per MMS und auf dem Postweg gehandelt werde.
Um das zu beweisen, sei eine eigene Recherche gar nicht nötig
gewesen. Tauss erklärt dazu gegenüber "Report Mainz": "Das stimmt,
geht aber an der Sache vorbei." Denn rechtspolitisch habe das BKA
stets nur das Internet ins Visier genommen. Die Karlsruher
Staatsanwaltschaft wirft dem Politiker außerdem vor, er habe nur zu
wenigen Personen aus der Szene Kontakt gehabt. Die Vorgehensweise bei
der angeblichen Recherche habe eine belastbare Aussage über die
Bedeutung einzelner Vertriebswege von vornherein nicht zugelassen.
Tauss erklärt hierzu auf Anfrage von "Report Mainz": "Ich habe klar
gesagt, wesentlich breiter recherchiert zu haben." Dies habe die
Ermittlungsbehörden aber nicht interessiert und nicht zu weiteren
Ermittlungen geführt.

Nach Informationen von "Report Mainz" läuft noch die Frist,
während der Tauss' Verteidiger gegenüber dem Gericht Stellung zur
Anklageschrift nehmen kann. Erst danach wird die zuständige Große
Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe (Strafkammer 2, Vorsitzender
Richter Dr. Scholl) über die Eröffnung des Hauptverfahrens
entscheiden. Aus Termingründen kann das Hauptverfahren
voraussichtlich nicht vor Ende des Jahres eröffnet werden.

Zitate gegen Quellenangabe frei.

Originaltext: SWR - Das Erste
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/75892
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_75892.rss2

Pressekontakt:
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel.:
06131/929-3351.


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