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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum G-20-Gipfel in Pittsburgh

Geschrieben am 22-09-2009

Bielefeld (ots) - Was ist das Wichtigste, wenn es gekracht hat? An
erster Stelle steht doch wohl die Behandlung der Verletzten, gefolgt
von der anschließenden Beseitigung der Trümmer. Aber danach?
Im Allgemeinen genügt es, die Schuldigen zu bestrafen und den Schaden
mindestens teilweise wieder gut zu machen. Manchmal müssen nach einem
Crash auch die eine oder andere Regel überdacht und vielleicht ein
zusätzliches Warnzeichen aufgestellt werden. Allerdings in Maßen: Man
wird nach einem einfachen Unfall nicht gleich die Straße sperren oder
von Rechts- auf Linksverkehr umstellen.
Diesmal allerdings hatte der Crash eine solche Wucht, dass die
Politik nicht bei der Behandlung der unmittelbaren Unfallfolgen
aufhören darf. Sie klappte - trotz Lehman-Pleite - relativ gut.
Allerdings wurde auch alles, was an Feuerwehr und Rettungsdiensten
verfügbar war, eingespannt. In Erwartung der Rechnung sehen die
Steuerzahler nun mit Entsetzen, dass einige aus der Katastrophe noch
unberechtigten Gewinn ziehen. Statt für ihre Fehler zu bezahlen,
kassieren Bankmanager Boni und Abfindungen in Millionenhöhe. Einziger
Grund: Das war doch so vereinbart.
Klar, dass sich viele darüber ärgern. Da aber Verträge nun mal
einzuhalten sind, soll die Abzocke wenigstens künftig verhindert
werden. Dies ist das Mindestziel, das sich die Staatschefs für den
bevorstehenden G-20-Gipfel in Pittsburgh vorgenommen haben. Und es
sollte gelingen.
Jenseits dieser Linie jedoch beginnen die wirklich wichtigen
Aufgaben. Mit normalen Rezessionen, wie sie in jedem Grundlagenbuch
für Volkswirtschaft beschrieben werden, kann die Welt leben - nicht
aber mit Krisen, die vom Finanzsystem ausgelöst werden.
Unberechenbare Folgen und unbezahlbare Schäden wären sonst die
Folgen.
Zu dem neuen Rahmen, den eine Weltfinanzregierung oder eben die G 20
den Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften bauen müssen,
gehören strengere Eigenkapital-Vorschriften sowie eine
Finanzaufsicht, die diesen Namen auch verdient. Damit aber nicht
genug: Finanzprodukte müssen wie alle Produkte auch mit einer Steuer
belegt werden. Nicht nur kann aus den Einnahmen ein Teil der Schäden
bezahlt werden, die der jetzige Crash verursacht hat. Eine
Börsenumsatzsteuer oder andere Form der Finanzabgabe schlössen auch
eine Gerechtigkeitslücke. Es darf aus moralischen und aus praktischen
Gründen nicht sein, dass die Arbeit eines Unternehmers in der
Realität schlechter entlohnt wird als die eines Finanzinvestors. Klar
braucht die Wirtschaft Geld, benötigt sie Liquidität. Aber noch sind
die Finanzen nur das Schmiermittel; entscheidend sind die Motoren in
den Betrieben.
Sie müssen dauerhaft laufen, um nicht nur die Folgen der Finanzkrise,
sondern noch größere Aufgaben wie die Bekämpfung der Armut und den
Klimaschutz bezahlen zu können. Pittsburgh, im früheren »Ruhrgebiet
der USA« gelegen, muss die Wende bringen. Für Palaver ist keine Zeit.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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