Neues Deutschland: zum Wahlausgang
Geschrieben am 28-09-2009 |
Berlin (ots) - Parteien neigen nicht dazu, Wahlergebnisse nach dem darin aufscheinenden realen Wählerwillen zu durchforsten. Sie begnügen sich damit, ein erfreuliches oder unzureichendes - meist ein erfreuliches - Maß an Bestätigung zu erkennen und Schlüsse auf die Effektivität der eigenen Wahlkampftaktik zu ziehen. Je erfolgreicher Parteien sind, desto weniger Druck verspüren sie, den Widersprüchen nachzugehen, von denen sich die Wähler in ihrer Entscheidung haben beeinflussen lassen. Dabei verlangte die Bundestagswahl vom Wochenende dringend nach einer Selbstbefragung aller Parteien, über Macht- und Personaloptionen hinaus. Denn was der Wähler zu allererst hat erkennen lassen, ist sein Unmut. Nicht die Zustimmung für Schwarz-Gelb war die eigentliche Botschaft, aus der Union und FDP jetzt ihren Koalitionsauftrag ableiten. Sondern die Abkehr von den sogenannten Volksparteien - ablesbar an der erneut gestiegenen Zahl der Nichtwähler und nachlesbar in den Verlusten für die SPD, aber auch für CDU und CSU. Auch der Zuwachs der sogenannten, aber längst nicht mehr kleinen Parteien ist Folge dieses wachsenden Unmuts. Damit tun weiterhin die Fliehkräfte ihr Werk, die die Koalitionsmöglichkeiten in den letzten Jahren zuweilen unübersichtlich werden ließen. Das Parteiensystem hat mit fünf Konkurrenten im Bundestag ein gewisses Maß an Unberechenbarkeit erlangt. Diese Tendenz ist mit dem Ergebnis vom Sonntag nicht durchbrochen, auch wenn es jetzt so aussieht. Selbst damit nicht, dass es - kurioserweise und vermutlich vorübergehend - eine scheinbare Rückkehr zu alten Klarheiten gibt. Auch damit nicht , dass Links und Rechts plötzlich wieder genauer zuzuordnen zu sein scheinen. Mancher nimmt dies öffentlich erleichtert zur Kenntnis. Mag sein, dass die Differenzen im Parlament ein wenig überschaubarer und im Koordinatensystem von Links und Rechts anzusiedeln sein werden. Alte parlamentarische Haudegen wie Egon Bahr nehmen dies gar befreit als eine Wiederbelebung und Stabilisierung der Demokratie wahr. Klare Fronten zwischen Regierung und Opposition, das Spiel zwischen Koalitionsmehrheit und ihrem Korrektiv, Kräftemessen und Interessensausgleich, Friede, Freude und Eierkuchen. Doch die Fronten sind nicht so klar. Das zeigt sich natürlich sofort im schwierigen Verhältnis zwischen SPD und LINKER. Doch vor allem zeigt es sich im Wahlergebnis selbst. Trotz überwiegender Gegnerschaft großer Teile der Bevölkerung zu zentralen Vorhaben der alten wie auch der neuen Regierung hat Schwarz-Gelb die Mehrheit errungen. Dieses Paradoxon wird von der neuen Klarheit im Bundestag nicht behoben. Die Lage wird auch nicht dadurch klarer werden, dass die SPD sehenswerte Verrenkungen veranstaltet, um zugleich ihren sozialen Gerechtigkeitssinn und ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Unterhaltsame Rededuelle im Bundestag werden den Wählerfrust nicht verringern, sondern sie werden ihn eher ignorieren helfen.
Originaltext: Neues Deutschland Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59019 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59019.rss2
Pressekontakt: Neues Deutschland Redaktion / CvD Telefon: 030/2978-1721
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
227607
weitere Artikel:
- Westdeutsche Zeitung: Die neue Bundesregierung = von Alexander Marinos Düsseldorf (ots) - Na und? Union und FDP bilden die neue Bundesregierung. Aber muss man sich davor fürchten? Oder kann man sich, umgekehrt, darauf freuen? Kommt jetzt - je nach Lesart - der "soziale Kahlschlag" bzw. werden tiefgreifende Reformen das Land modernisieren? Beides ist nicht zu erwarten. Vermutlich neutralisieren sich die Partner gegenseitig - jedenfalls nicht weniger als Union und SPD. Genau betrachtet ist das, was da entsteht, eine sozial-liberale Koalition, in der eine nicht ganz so dezimierte CDU die Rolle der arg zerrupften mehr...
- Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Lage der SPD nach dem Wahldesaster Köln (ots) - Trostlos NORBERT WALLET zum Niedergang der SPD Die SPD versinkt im Tal der Tränen, und selbst ihre Gegner hätten eigentlich keinen Grund, sich über ihren dramatischen Niedergang zu freuen. Im Parteiensystem der Bundesrepublik hatte die SPD in ihrer Rolle als linke Volkspartei stets eine enorm wichtige integrierende Rolle. Eine 20-Prozent-Partei kann diese Funktion nicht mehr erfüllen. Radikalisierungen sind die logische Konsequenz - innerhalb wie außerhalb der SPD. Der verheerende Wahlsonntag bedeutet zwingend das mehr...
- WAZ: NRW rückt ins Blickfeld - Kommentar von Theo Schumacher Essen (ots) - Ein Prozent - komfortabler ist der Vorsprung von CDU und FDP in NRW nicht. Auch das ist ein Ergebnis der Bundestagswahl. Ein Prozent bedeutet für die Regierung Rüttgers alles andere als ein dickes Polster mit Blick auf die Landtagswahl im Mai. Trotz des verheerenden Absturzes der SPD an Rhein und Ruhr ist das Rennen um die Vorherrschaft im größten Bundesland noch längst nicht gelaufen. Die identische Farbenlehre in Bund und Land kann sich für die Düsseldorfer Koalition noch als gefährlich erweisen. In Berlin ist der mehr...
- WAZ: Schwarz-Gelb 2009: kein Projekt - Von wegen Wende - Leitartikel von Ulrich Reitz Essen (ots) - Schwarz-Gelb 2009: Das ist eine Koalition. Aber kein "Projekt". Wie anders 1982. Der Wechsel hatte sogar einen Namen: "Die geistig-moralische Wende." 16 Jahre später folgte das rot-grüne "Projekt". Verglichen mit 1982 und 1998 haftet dem Bündniswechsel 2009 nur wenig von einem Aufbruch an. Schuld daran ist die Lage: Überschuldung, Wirtschaftskrise, Arbeitsmarkt unter Druck. Schuld daran ist aber auch das Spitzenpersonal, vor allem Angela Merkel, die personifizierte Normalität. Schwarz-Gelb 2009 - das hat etwas von: spät mehr...
- WAZ: Die SPD am Scheideweg - Schnelle Klärung ist nötig - Leitartikel von Walter Bau Essen (ots) - Die vermeintliche Einigkeit, die die SPD noch am Wahlabend zur Schau stellte, ist schon am Tag danach dahin. Franz Müntefering ist nur noch ein Vorsitzender auf Abruf, die überfällige Kursdebatte in der Partei ist angestoßen. Schon jetzt ist sicher: Der SPD stehen turbulente Zeiten bevor. Die neue personelle Aufstellung, die offenbar den Wahlverlierer Steinmeier als neuen starken Mann vorsieht, kann dabei nur der erste Schritt sein. Zwei weitere Schritte, die die SPD machen muss, werden der Partei weitaus mehr Kraft abverlangen. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|