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Berliner Morgenpost: Was die Commerzbank vom FC Bayern unterscheidet (Leitartikel)

Geschrieben am 05-01-2010

Berlin (ots) - Ein brillanter Fußballer wie Franck Ribéry würde
kaum einen gesetzlich festgelegten Maximallohn von 500000
Euro im Jahr akzeptieren. Der Kicker wird seine strammen Schenkel in
Diensten jenes Klubs bewegen, der am besten bezahlt. Wie jeder
Arbeitnehmer nimmt ein Fußballer den höchsten Lohn, den der Markt
hergibt. Das kann man ihm kaum verdenken.
Klaus-Peter Müller, Aufsichtsratschef der Commerzbank, argumentierte
wie ein Fußball-Manager, als er Ende vergangenen Jahres dem
Finanzministerium ein neues Bezahlmodell für seine Vorstände abringen
wollte. Mit 500000 Euro Jahresgage seien seine besten Leute
nicht zufrieden, womöglich wanderten sie bald ab. 50 Prozent mehr,
also 750000 Euro, müssten es schon sein, so Müller, der sich
in den letzten Monaten immer wieder mit ethikhaltigen Interviews zu
Wort gemeldet hatte.
Der fundamentale Unterschied: Fußballvereine sind
Wirtschaftsunternehmen, die sich am Markt behaupten müssen. Die Fans
entscheiden Tag für Tag aufs Neue, ob sie freiwillig Geld für ein
Ticket ausgeben und das teure Trikot obendrein. Und der
Geschäftsführer hat zu verantworten, ob er sich Millionengehälter für
seine Stars leisten kann und will. Staatsbürgschaften für
Bundesligavereine gibt es, noch, nicht, nicht mal für Schalke 04.
Mit der Commerzbank verhält es sich etwas anders. Das
traditionsreiche Geldinstitut gäbe es längst nicht mehr, wenn der
Staat nicht eingegriffen hätte. 18 Milliarden Euro an stillen
Reserven haben die Steuerzahler in das angeschlagene Bankhaus
gepumpt, umgerechnet zahlte also jeder Bundesbürger, überwiegend
unfreiwillig, 225 Euro.
Während manche internationalen Banken ihre Staatshilfen inzwischen
zurückzahlen, hat die Commerzbank 2009 nicht einmal die vereinbarten
Zinsen für die Staatseinlage aufbringen können. Von Rückzahlung des
geliehenen Geldes ganz zu schweigen. Die Leistung der
Commerzbank-Manager kann so brillant also nicht gewesen sein. Wenn
überhaupt, hätten aber nur exzellente Ergebnisse ein höheres Gehalt
gerechtfertigt, wenn auch nicht um 50 Prozent.
Abseits von allen Neid- und Gerechtigkeitsdebatten bleibt die
einfache Frage: Gibt es in Deutschland keinen einzigen Banker, der
fähig und willens ist, zwei, drei Jahre lang für gut 40000
Euro im Monat ein marodes Geldhaus zu sanieren? Wenn die Politik
einen Shootingstar wie Guttenberg hervorbringt, dann sollte es unter
den Abertausenden bestens ausgebildeten jungen Nadelstreiflingen doch
wohl eine Handvoll Qualifizierter geben, die genug Lust,
Risikobereitschaft und Verantwortung mitbringen, um eine spannende
Aufgabe wie den Wiederaufbau der Commerzbank in Angriff zu nehmen.
Natürlich ist es ein Risiko, die Ribérys ziehen zu lassen. Aber hoch
motivierter Nachwuchs kann auch erfolgreicher sein als gelangweilte
Millionarios. Müller würde Größe zeigen, wenn er die Gierlappen
ziehen lassen und sich zugleich seiner doppelten Verantwortung
besinnen würde: Mäßigung und Erfolg.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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