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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Iran

Geschrieben am 28-01-2010

Bielefeld (ots) - Das Weiße Haus war über die Vorgänge in Persien
schon immer schlecht informiert und über die Verhältnisse in der
Islamischen Republik rätselt man schon seit dreißig Jahren. Jetzt
glaubt man, die »grüne Bewegung« unterstützen zu müssen, weil sie
protestiert und furchtlos dem Regime trotzt.
Aber das tut sie seit Monaten und niemand kann absehen, wohin die
Reise geht. Denn die »grüne Bewegung« hat kein Konzept und keine
eigenen Köpfe. Die Oppositionsführer wollen nur den Cliquenwechsel,
nicht den Wechsel des Regimes. Die Diktatur dagegen ist bereit, die
Macht mit aller Gewalt zu verteidigen. Immerhin, es lassen sich Risse
im Regime ausmachen. Am tiefsten dürfte das Urteil des kürzlich
verstorbenen Großayatollahs Montaseri den Block der Mullarchie
spalten. Er galt als die höchste Autorität unter schiitischen
Gelehrten. Montaseri hat dem Regime den Schleier der Legitimität
weggerissen, indem er die brutale Gewaltanwendung gegen die Proteste
und Demonstranten als unislamisch qualifizierte. Und nun sieht das
Volk: Die Revolutionsführer sind nackt.
Gegen das Volk, vor allem gegen seine Jugend, ist keine Zukunft zu
machen. Auch die Verhaftungswellen, die seit einigen Wochen über das
Land rollen, können den Widerstand auf Dauer nicht brechen. Er hat
die kritische Masse erreicht. Dreißig Jahre Diktatur haben vielleicht
zwei, drei Generationen gebrochen. Die Masse der heute Zwanzig- bis
Dreißigjährigen aber, die im Internet täglich Freiheit und Wohlstand
im »satanischen« Westen betrachten können, glauben nicht mehr an
dieses Regime, das die Freiheit niedermacht, dessen Willkür
offenkundig ist, deren Funktionäre sich nicht an die eigenen
islamischen Gesetze halten. Aber das Regime verfügt noch über die
Instrumente des Gewaltmonopols: Paramilitärische Einheiten und den
Schlüssel zu den Kasernen mit ihren Waffenarsenalen.
Irans Machtstrukturen zeigen das gleiche Wesensmerkmal auf wie alle
totalitären Regime des letzten Jahrhunderts: Eine Doppelhierarchie.
Staatschef und Regierung sind Fassade. Die wirklichen Herren sind die
Chefs der Partei. In der iranischen Mullarchie ist es ähnlich. Es
gibt die Regierung, den Präsidenten, das Parlament, die kommunalen
Mandatsträger - alle vom Volk gewählt. Daneben existiert der
religiöse Machtapparat mit dem Rahbar, dem geistlichen Führer, an der
Spitze. Die administrative Struktur soll Demokratie vorgaukeln, aber
de facto handelt es sich um eine religiöse Diktatur im Gewand der
Monarchie. Der Rahbar ist auf Lebenszeit bestimmt. Die Staatsmacht
ist ihm untergeordnet und das ganz offiziell. Artikel 110 der
Verfassung erlaubt dem Rahbar, sämtliche Entscheidungen und
Handlungen des Staatsapparates, also auch Wahlen, zu »kontrollieren«.
Wir haben es mit einer schiitischen Junta und ihrem Diktator zu tun.
Ohne Blutvergießen wird ein Regimewechsel da nicht zu machen sein.
Schon gar nicht, wenn die Opposition weiter so ratlos protestiert.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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