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Berliner Morgenpost: Ohne Provokationen geht es nicht (Kommentar)

Geschrieben am 02-02-2010

Berlin (ots) - Es geht also wieder los: Von heute an wollen die
Beschäftigten im öffentlichen Dienst die Arbeit niederlegen. Sie
treten in den Warnstreik, damit sich endlich etwas bewegt bei den
Tarifverhandlungen zwischen den Arbeitgebern - also dem Bund und den
Kommunen - und den Gewerkschaften auf der anderen Seite. Nahverkehr,
Kindertagesstätten, Stadtreinigung können betroffen sein. Natürlich
nicht überall in Deutschland und nicht zeitgleich, aber so, dass es
die Menschen spüren und ärgerlich werden. Auch in Berlin. Und das
passiert, wenn beispielsweise Operationen in Kliniken abgesagt werden
müssen, wenn der Müll nicht abgeholt wird, die Kindertagesstätten an
einigen Vormittagen geschlossen bleiben oder das Bürgeramt unverhofft
geschlossen ist. Unangenehme Zeiten stehen bevor - mehr aber auch
nicht.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der Verhandlungsführer
für die Arbeitgeber, übertreibt nämlich in seiner Empörung. Eine
"gezielte Provokation" sei der angekündigte Warnstreik, schimpfte er
gestern. Doch Warnstreiks während stockender Verhandlungen, die
öffentliche Aufmerksamkeit, ja die Provokation gehören zu
Tarifverhandlungen dazu. Der Innenminister hat bislang noch kein
Angebot vorgelegt, sondern weist die Forderungen der Gewerkschaften
stets als viel zu hoch zurück. Gerade angesichts der Wirtschaftskrise
sei es nicht angemessen, ein Plus von insgesamt fünf Prozent zu
fordern. Die Forderung der Arbeitnehmervertretungen setzt sich aus
mehreren Punkten zusammen - von Lohnerhöhungen bis zur Übernahme von
Auszubildenden. Das wird in seiner Gesamtheit nicht in Erfüllung
gehen, aber ein bisschen mehr muss es im öffentlichen Dienst schon
sein.
Es geht nämlich nicht an, mit Blick auf die Wirtschaftskrise den
Beschäftigten eine Steigerung ihres Einkommens zu verweigern. Wer
motivierte Mitarbeiter in den öffentlichen Krankenhäusern,
Kindertagesstätten, in Bussen und Straßenbahnen haben will, der muss
ihre Arbeit auch anständig entlohnen. Und nicht nur Hoteliers bei der
Mehrwertsteuer für Übernachtungen ohne Frühstück entlasten.
Sicherlich, bei der Diskussion über 1,5 oder 2,5 Prozent mehr darf
nicht vergessen werden, dass die Folgen nicht nur der Bund, sondern
vor allem die schon jetzt überforderten Kommunen tragen müssen. Die
Städte und Gemeinden werden dieses Jahr ein Rekorddefizit von zwölf
Milliarden Euro einfahren. Wenn jetzt noch die Gehälter steigen, dann
kommen Potsdam, Frankfurt & Co an ihren Grenzen, dann sind sie kaum
noch handlungsfähig. Die Folge wäre, dass noch mehr Schwimmbäder
geschlossen, die Öffnungszeiten in Museen reduziert oder die
Eintrittsgelder erhöht werden. Aber auch, dass die Gebühren für die
Müllentsorgung oder die Preise im Nahverkehr steigen.
Das alles lässt sich nur verhindern, wenn der Bund endlich nicht mehr
alle Aufgaben auf die Länder und Kommunen abwälzt und die das dann
auch noch finanzieren müssen. Dann ist auch eine maßvolle
Lohnerhöhung möglich.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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