Lausitzer Rundschau: 100Tage Schwarz-Gelb
Geschrieben am 03-02-2010 |
Cottbus (ots) - Ginge es noch 200Tage so weiter wie in den ersten 100Tagen, dann würde die schwarz-gelbe Koalition ihren ersten Geburtstag nicht erleben. Vorzeitig gescheitert an zu viel Eitelkeit der kleinen Parteien, am Führungsmangel im Zentrum und am Mangel an Weitblick. Aber es wird nicht so weiter gehen, spätestens dann nicht, wenn die Wähler in Nordrhein-Westfalen am 9.Mai der FDP die verdiente Abmahnung erteilt haben. Dann, womöglich um die Bundesratsmehrheit geschwächt, wird bei der Koalition die Einsicht wachsen, dass sie die "bürgerliche" Mehrheit, die sie aufgrund eines zufälligen Wahlergebnisses im Bundestag hat, draußen im Volk erst noch gewinnen muss. Das Wachstum wieder in Gang bringen, eine aktive Industriepolitik und eine Mittelstandsoffensive - hier liegen die größten Erwartungen an Union und FDP. Warum also konzentrieren sie sich nicht darauf? Zur nachhaltigen Wohlstandssicherung gehören auch eine Bildungspolitik, die all dem ein dauerhaftes Fundament gibt, und eine solide Finanzpolitik, die die Lasten gerecht verteilt, ohne den Staat zu verarmen. Denn das Verständnis vom Staat und von der Gesellschaft hat sich seit den 1990er-Jahren verändert. Mehr Eigenverantwortung, mehr Leistungsdruck, das alles mag damals seine Berechtigung gehabt haben, weil Deutschland so satt geworden war. Aber nun, nach der Krise und nach den harten, aber erfolgreichen Agenda-Reformen gilt es eher die Opfer des Sanierungskurses einzusammeln und Fehlentwicklungen zu korrigieren. Etwa die krasse Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen, die Entwertung normaler Arbeit, die Zunahme prekärer Jobs oder die unkontrollierten Finanzmärkte. Das muss man nicht mit linker Politik beantworten, aber man muss diese Probleme auch als bürgerliche Regierung ganz oben auf der Agenda haben. Stattdessen Kopfpauschale und Steuersenkungen auf Pump, also Ideen von vorvorgestern, die alles schlimmer machen. Und stattdessen verkauft die Koalition dem Volk eine erkennbar peinliche Entscheidung wie die Steuererleichterung für Hoteliers als "Wachstumsbeschleunigung". Das demontiert direkt ihre wirtschaftliche Kernkompetenz und ersetzt sie durch das Attribut Klientelpolitik, alternativ Stümper. Der Hinweis der CDU, der Beschluss sei den unerfahrenen Kleinparteien CSU und FDP geschuldet, hilft da wenig. Mitgefangen, mitgehangen - das gilt erst recht für jene Partei, die die Kanzlerin stellt und über die sie die Richtlinien der Regierungspolitik bestimmt. Spätestens am 10.Mai sollte sie damit beginnen.
Originaltext: Lausitzer Rundschau Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_47069.rss2
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