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Lausitzer Rundschau: Jürgen W. Westerwelle Die FDP, der Sozialismus und das alte Rom

Geschrieben am 11-02-2010

Cottbus (ots) - Ein Entwicklungshilfeminister, der mit
Einzelkämpferkappe und verspiegelter Sonnenbrille durch Afrika reist.
Ein Wirtschaftsminister, der eifersüchtig darüber wacht, mit wem sein
Kabinettskollege gerade frühstückt. Ein Gesundheitsminister, für den
das schwierige Amt ganz offensichtlich zu früh gekommen ist. Eine
untergetauchte Justizministerin. Ein, nun ja, glanzloser
Außenminister. Und die Umfragen im Sturzflug. Kein Wunder, dass die
FDP nervös wird. Und sich, wie zu Zeiten eines gewissen Jürgen W.
Möllemann, in gnadenlosen Populismus flüchtet. Ausgerechnet das
höchstrichterliche Urteil zur Neuregelung von HartzIV nimmt
ihr Vorsitzender Guido Westerwelle jetzt zum Anlass, mal so richtig
mit dem Sozialstaat abzurechnen. Dass der FDP-Chef in seinem Zorn
dabei den Sozialismus und das römische Weltreich in einen Topf wirft,
zeugt allerdings weder von ausgeprägter geistig-moralischer Klarsicht
noch von vertieften Geschichtskenntnissen. "Wer dem Volk
anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer
Dekadenz ein", verkündet Westerwelle - und unterschlägt dabei, dass
im alten Rom die Dekadenz ja wohl in der Führungsschicht und nicht
beim einfachen Volk anzutreffen gewesen ist. Recht hat der
Oberliberale zwar, wenn er auf die Gefahren hinweist, die durch das
Abbröckeln der Mittelschicht in den vergangenen Jahren entstanden
sind. Aber statt pauschal das Verlangen nach Teilhabe aller am
gesellschaftlichen Leben zu diffamieren, wäre es die Aufgabe des
Vizekanzlers, dafür einzutreten, dass immer mehr sie verwirklichen
können - auf der Basis der eigenen Arbeit und entsprechend der
individuellen Leistungsfähigkeit.
Denn in Wahrheit lohnt sich marktgerechte Leistung heute ja wie nie
zuvor in der Geschichte. Wer über ein gerade benötigtes Talent
verfügt, dem steht - dank der Globalisierung - die ganze Welt offen,
um sein Glück zu machen. Dass aber auch diejenigen eine Chance haben,
sich ihren eigenen kleinen Wohlstand aufzubauen, die nicht die
Fähigkeit zum IT-Ingenieur mitbringen, dafür muss die Politik sorgen.
Nicht, indem sie die Steuern immer weiter senkt, sondern indem sie
einen vernünftigen Ausgleich zwischen Stärkeren und Schwächeren
sicherstellt. In diesem Sinne gilt dann auch: Leistung muss sich
wieder lohnen, an allen Stellen der Gesellschaft. Das Beispiel der -
übrigens allesamt mit Steuergeldern bezahlten - FDP-Minister beweist
allerdings, dass man es hierzulande auch zu hohen Einkommen bringen
kann, ohne wirklich Leistung zu zeigen.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
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Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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