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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Berlinale

Geschrieben am 17-02-2010

Bielefeld (ots) - Wenn am Brandenburger Tor eine Leinwand fürs
Public Viewing aufgebaut wird, tritt garantiert die Nationalelf gegen
den Ball. Oder aber es wird ein Film gezeigt, und zwar - das ist
erstaunlich - ein uralter Film: Fritz Langs »Metropolis« aus dem Jahr
1927 hat trotz arktischer Temperaturen Tausende Filmfans mobilisiert.
In der Hauptstadt läuft die Berlinale, und zwar in einer Zeit - auch
das ist erstaunlich -, da die Kinos Rekordumsätze melden: Alle wollen
vor der großen Leinwand Platz nehmen. Es tun sich merkwürdige Dinge.
Der Verkauf von DVDs stagniert, das Fernsehen ackert, um seine
Zuschauer zu halten, und das mit großem PR-Getöse angepriesene E-Book
bewegt sich nicht vom Fleck. Die Berliner Filmfestspiele hingegen
expandieren - in immer mehr Spielorte, in immer mehr Programmsparten
mit immer mehr Filmen, in immer höhere Kartenverkaufszahlen. Bereits
2009 gab es eine halbe Million Berlinale-Karten, und sie konnten die
Nachfrage nicht befriedigen. Nicht mal ansatzweise.
All das ist erstaunlich, und es verlangt nach einer Erklärung. Bitte
sehr: Dieter Kosslick, seit 2002 Chef der Berlinale, besitzt keinen
PC.
Das soll eine Erklärung sein? Sie ist es. »In dem großen
Informationsüberflutungswahnsinn sind Festivals dazu da zu sortieren.
Wir setzen dem Datenmüll etwas entgegen.« MyFace kann DeinSpace
bleiben. Während du dir ein Weltbild via Google zusammenflickst,
schau ich mir das pralle Leben an. Im Kino.
Das Kino ist Kunst. Die Kunst ist das Leben im Spiegel der Reflexion
durch das Individuum. Werner Herzog sieht die Welt mit anderen Augen
als Martin Scorsese - also filmt er anders. Christoph Waltz hat in
Österreich ganz anders gelebt als Leonardo DiCaprio in Kalifornien -
deswegen spielt er anders. Die Welt kennt Kameraleute wie Michael
Ballhaus und Filmmusikkomponisten wie Hans Zimmer mit Namen, aber
keinen einzigen Klingeltöner.
Es gibt noch einen zweiten Aspekt, der das Kino so attraktiv macht:
das Gemeinschaftsgefühl. Das Bewusstsein, in der Gruppe einer
Erzählung zu lauschen und nicht vom Hirnblitz eines Bloggers
angeflasht zu werden. Roman Polanskis »Ghost Writer« regt die
Phantasie an, Twitter huscht im Nu vorbei.
Das Kino führt Menschen zusammen und zeigt ihnen eine bunte Welt -
und immer mehr Zeitgenossen wollen diese Welt sehen. Dürfen wir
vermuten, dass - langsam, ganz allmählich - das Pendel in die andere
Richtung zu schwingen beginnt: fort aus der Vereinzelung, hinein in
die Gemeinschaft? Verstehen wir uns recht: Niemand behauptet, dass
die Filmkunst unsere in Singles und Ich-AGs explodierte Gesellschaft
zum einig Volk von Brüdern verschweißt. Doch es bewahrheitet sich
aufs Neue, dass die einfachen Dinge die genialen sind. Der Fußball.
Der Film.
Kosslick fragt, was es für das soziale Umfeld bedeute, wenn ein Kino
schließt. Seine Antwort: »Das ist nicht wiedergutzumachen.«
Deswegen die Berlinale.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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