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WAZ: Die Alten, die Jungen und die Politik - Wenn die Babyboomer in die Jahre kommen - Leitartikel von Birgitta Stauber-Klein

Geschrieben am 17-05-2010

Essen (ots) - Es ist ganz natürlich. Wer jung ist, an seiner
Karriere bastelt, Kinder bekommt, denkt nicht an die schmerzende
Hüfte, die ihm einige Jahrzehnte später das Leben zur Hölle machen
kann. So wie der CDU-Jungpolitiker Philipp Mißfelder, der vor einigen
Jahren mit seiner Forderung, über den Sinn von künstlichen
Hüftgelenken für 85-Jährige nachzudenken, einen Sturm der Entrüstung
unter den Älteren ausgelöst hatte. Übelst beschimpft wurde 2008 auch
der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, nachdem er eine Rentenerhöhung
kritisiert hatte. Ein Jahr später setzte die Große Koalition den
dämpfenden Riesterfaktor bei der Rente aus - mit der Folge, dass die
Bezüge trotz Krisenjahr abermals stiegen. Die Solidargemeinschaft ist
ein hohes Gut, vielleicht das entscheidende unserer Gesellschaft.
Damit spielt man nicht, sondern stärkt es im Zweifel. Diese Lektion
haben Mißfelder & Co. wohl verstanden. Die Frage ist: Gilt das nur
für den Schutz der Rentner? Oder auch für die Jungen, die den
Wohlstand einer alten, geschrumpften Gesellschaft aufrecht erhalten
sollen? Roland Koch jedenfalls nimmt kein Blatt vor den Mund und
kratzt an den Geldtöpfen für Kinder, Jugendliche und Forscher. Das
ärgerte zwar seine CDU-Parteifreundin, Familienministerin Kristina
Schröder. Auch die Bundeskanzlerin besteht auf der Vorfahrt für
Bildung und Forschung. Doch statt eines Schwalls der Entrüstung
erntet Koch anerkennende Worte für seinen Instinkt, mit dem er sich
nach der für die CDU desaströsen NRW-Wahl in Szene setzt. Oder ihm
wird nachgesagt, er mache sich den drohenden Generationenkrieg
zunutze, wobei er natürlich auf die Macht der Älteren setze. Wie auch
immer: Koch verharmlost die Folgen des dramatischen
Bevölkerungsschwunds (der im Übrigen nicht mehr aufzuhalten ist); und
Studien weisen darauf hin, dass er damit den Nerv vieler Älterer
trifft. Wer angesichts mangelnder Lebenserwartung keine nennenswerten
Kredite mehr bekommt, wer so im Hier und Jetzt lebt wie so manche
Senioren, mag sich die Not im Jahr 2050 nicht vorstellen können -
wenn die Leistungsträger fehlen, die eine gut funktionierende
Wirtschaft braucht. Wenn die Generation Babyboomer alt ist, aber
niemand da ist, der sich um sie kümmert. Was hilft, auch das zeigen
Studien, ist, die Generationen zusammen zu bringen. Wenn der
familiäre Zusammenhalt wächst, wächst auch die Bereitschaft, über den
eigenen Horizont hinaus zu schauen. Wer einseitige Forderungen
aufstellt wie Roland Koch, praktiziert das Gegenteil.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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