Neue Westfälische (Bielefeld): Regierungskoalition Vertrauenskrise CARSTEN HEIL
Geschrieben am 13-06-2010 |
Bielefeld (ots) - Auch wenn Politik nicht unbedingt das Geschäft
großer gegenseitiger Zuneigung ist, so gehört doch ein Mindestmaß an
Vertrauen dazu. Jedenfalls innerhalb einer Koalition. Davon ist
jedoch in der Regierungstruppe - sie "Mannschaft" zu nennen, wäre
schon zu positiv formuliert - von CDU/CSU und FDP überhaupt nichts
mehr vorhanden. Dabei gehen die Risse des Misstrauens nicht nur
entlang der Parteigrenzen. Selbst innerhalb der Union trauen sie sich
nicht mehr über den Weg. Das gezielt gestreute Gerücht aus dem Umfeld
Theodor zu Guttenbergs, der Verteidigungsminister denke über seinen
Rücktritt nach, ist nur der Höhe- und Endpunkt einer schlimmen Woche
für die Kanzlerin. Ihre Minister widersprechen sich auf offener Bühne
und sie, die lange Zeit überhaupt gar keine Richtlinien vorgegeben
hat, versucht es plötzlich mit einem Machtwort nach dem anderen. Weil
die nicht wirken, verliert Angela Merkel massiv an Autorität in den
eigenen Reihen. Dafür trägt sie selbst die Verantwortung. Die
Ergebnisse der Kabinetts-Sparklausur vom vergangenen Wochenende sind
ein Desaster, weil keine politischen Inhalte damit verbunden werden
konnten und die Debatte darüber immer weiter gärt. Die Kür des
Bundespräsidenten-Kandidaten Christian Wulff hat Merkel im kleinsten
Kreis durchgeboxt und andere nicht mitgenommen, womit sie sich
mächtige Gegner wie Bundestagspräsident Norbert Lammert geschaffen
hat. Der rächt sich prompt durch harsche Kritik am Sparpaket. Kaum
ein Thema wird in der Regierung auch nur ansatzweise einvernehmlich
diskutiert, kaum eine Entscheidung akzeptiert. Angela Merkel hat
Nehmerqualitäten, sie ist Profi genug, auch in schwerer Zeit zu
stehen. Aber die Kanzlerin wackelt. Und nur die Angst vor
Machtverlust hält Schwarz-Gelb an der Regierung.
Originaltext: Neue Westfälische (Bielefeld)
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