Neue OZ: Kommentar zu Bundespräsident / Köhler / Abschied
Geschrieben am 15-06-2010 |
Osnabrück (ots) - Ein rätselhafter Abschied
Warum Horst Köhler ging, bleibt auch nach dem Großen Zapfenstreich
ein Rätsel. Er hat ein Zeichen setzen wollen gegen den oft zynischen
Politbetrieb, sagen die einen. Er hat das Amt des Bundespräsidenten
hingeworfen, weil er Kritik austeilen, aber nicht aushalten konnte,
rügen die anderen. Die Gefühlswallungen nach dem Blitz-Rücktritt
verebben - und legen den Blick frei auf einen Menschen, der an seinem
Amt offenkundig zu schwer zu tragen hatte. Harmonie gab es durchaus
nicht immer zwischen Kanzlern und Präsidenten. Die Eifersüchteleien
Helmut Kohls gegen den glanzvollen Redner Richard von Weizsäcker
blieben nicht verborgen. Ebenso hat Deutschlands erster Kanzler
Konrad Adenauer dazwischengefunkt, als Staatsoberhaupt Theodor Heuss
Kabinettssitzungen leiten wollte.
Dem Präsidenten bleibt die Macht des Wortes. Daran hat der
zupackende Ökonom Köhler gelitten. Heuss hat jede seiner Reden selbst
geschrieben, Köhler war auf den Rat anderer angewiesen. Als dieser
ausblieb oder nicht mehr durchdrang, musste er scheitern. Beim
letzten Zapfenstreich gab die Kanzlerin Köhler die Ehre. Ihre
Nichtbeachtung zuvor hat der 67-Jährige nur ertragen können, solange
er starke Weggefährten um sich hatte. Dem Vernehmen nach war es
zuletzt der Tod seines engsten Vertrauten Gert Haller, der Köhler
gänzlich einsam machte. Wirklich verstehen wird man den Abschied
Horst Köhlers nicht. In der Politik war er ungeliebt, auch dafür
mochte ihn das Volk.
Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung
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