FZ: Willkommen in Absurdistan Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zur Mehrwertsteuer
Geschrieben am 28-06-2010 |
Fulda (ots) - Dass das deutsche Steuersystem nicht nur kompliziert
ist, sondern auch massive Gerechtigkeitsdefizite aufweist, ist schon
daran zu erkennen, dass manche Mitbürger es schaffen, ihre Steuerlast
- ohne sich strafbar zu machen - auf null zu drücken, andere hingegen
glaubhaft versichern, nur für den Fiskus zu arbeiten. Beim Thema
Mehrwertsteuer hat man sogar das Gefühl, sich nicht in Deutschland,
sondern in Absurdistan zu befinden: Da gilt für Esel der ermäßigte
Steuersatz von 7 Prozent, für geschlachtete der volle von 19 Prozent;
frische Trüffel 7 Prozent, Mineralwasser 19 Prozent; Hörgeräte 7
Prozent, Medikamente 19 Prozent; Tomatenmark 7 Prozent, Ketchup 19
Prozent. Und wer hätte gedacht, dass die Frage im
Fastfood-Restaurant: "Zum hier essen oder mitnehmen" einen
fiskalischen Hintergrund hat? Wer seine Currywurst einpacken lässt,
für den muss die Imbissbude einen geringeren Mehrwertsteuersatz
abführen als beim Gast, der sich kurz an den Tisch setzt. Angesichts
einer Inflation solcher Eseleien hat der Bundesrechnungshof recht,
wenn er dringend eine Korrektur anmahnt. Das Problem ist bereits seit
Jahrzehnten bekannt - doch anstatt die Ausnahmen abzuschaffen, kommen
eher noch neue dazu. Denn so einfach, wie es auf dem Papier aussieht,
ist die Sache nicht: Eigentlich war der ermäßigte Mehrwertsteuersatz
eine gute Idee. Produkte, die dem Gemeinwohl dienen, sollten auf
diese Weise subventioniert werden, um sie erschwinglicher zu machen.
Jetzt die Ermäßigungen abzuschaffen, würde bedeuten, dass viele
Produkte teurer werden. Wo bitteschön will man die Grenzen ziehen?
Soll der Satz für Schnittblumen ermäßigt bleiben, während man ihn für
Tierfutter anhebt? Fest steht: Den Mehrwertsteuer-Stall auszumisten,
würde beim Bürger als Steuererhöhung ankommen - und das will gerade
die aktuelle Bundesregierung um jeden Preis vermeiden. Eine bessere
Lösung wäre allemal, die Mehrwertsteuer einzubeziehen in eine
grundlegende Reform des Steuersystems. Das würde mehr bringen als ein
ständiges Herumdoktern an einem schwerkranken Patienten. Eine solche
Radikaltherapie müsste nicht einmal mit spürbaren Entlastungen
verbunden sein, dem Bürger würde es schon ausreichen, wenn er
überhaupt verstehen würde, was der Staat da jedes Jahr in Form einer
Steuererklärung von ihm verlangt. Doch für einen solch großen Wurf
fehlt der Politik der Mut. Der Gedanke daran, dass eine schwarz-gelbe
Koalition in Berlin den Reformstau auflösen kann und Probleme des
Landes nachhaltig in Angriff nimmt, war eine Illusion. Und so kann
man sich leicht ausrechnen, dass die großspurigen Ankündigungen, den
Mehrwertsteuerdschungel zu lichten, nur Sonntagsreden bleiben.
Herauskommen wird wieder nur Stückwerk.
Originaltext: Fuldaer Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/79740
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_79740.rss2
Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
276444
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Einwanderungsdebatte Bielefeld (ots) - Deutschland braucht Zuwanderung. Wie sonst kann
der Fachkräftemangel wenigstens zum Teil kompensiert werden?
Deutschland aber muss auch aus humanitären Gründen Zuwanderung
erlauben - sei es zur Familienzusammenführung, sei es zum Schutz vor
Verfolgung. Viel zu wenig wird bislang darüber diskutiert, wie
Zuwanderung gesteuert werden kann. Nicht etwa, weil Deutsche bessere
Menschen wären, sondern weil die Integrationskraft einer jeden
Gesellschaft nicht unerschöpflich ist. Der Ruf nach Intelligenztests
für Einwanderer mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Kinderbetreuung Bielefeld (ots) - Grenzenlose Liebe zu Kindern,
Sendungsbewusstsein und Opferbereitschaft - all das muss man schon
mitbringen, wenn man in Deutschland Erzieher werden will. Denn ein
ordentliches Einkommen, berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und
gesellschaftliche Anerkennung sind derzeit leider nicht zu erwarten.
Da hält sich die Zahl der Bewerber verständlicherweise in Grenzen.
Aber nun reichen auch die Bewerberinnen nicht mehr. So führen die
wachsenden Ansprüche gegenüber Betreuungseinrichtungen zwangsläufig
zu einer ständigen mehr...
- Lausitzer Rundschau: Zum Zustand der Regierungspartei FDP Cottbus (ots) - Fasst man Guido Westerwelles Resümee nach der
Klausur seines Parteivorstandes zusammen, dann liegt die FDP am
Boden, weil sie Fehler gemacht hat. Das klingt nach: Wir haben
verstanden. Welche Fehler? Nun wird der Vorsitzende allgemeiner.
Erstens sei man im Vorfeld der Nordrhein-Westfalen-Wahl zu zögerlich
an wichtige Projekte der Koalition herangegangen. Und zweitens habe
man alte und neue Vorurteile gegen die liberale Partei unterschätzt.
Man werde nun noch konzentrierter arbeiten, mit den bewährten
Inhalten mehr...
- Lausitzer Rundschau: Zu den Einsparungen beim Sorbischen National-Ensemble Cottbus (ots) - Die neue Intendantin des Sorbischen
National-Ensembles, Milena Vettraino, tritt kein leichtes Amt an. Ein
Konzept mit zu erarbeiten, das den Abbau eines Großteils der Stellen
umfasst, ist die eine Sache, dieses dann auch in der Praxis
verwirklichen zu müssen, eine andere. Klar, dass ihr künftiges Wirken
mit besonders kritischen Augen verfolgt werden dürfte. Wer
Entscheidungen treffen muss, in denen es heißt "Du kannst bleiben"
oder "Du musst gehen", macht sich selten Freunde. Es wäre allerdings
falsch, die erfahrene mehr...
- Südwest Presse: Kommentar zum Thema Praxisgebühr Ulm (ots) - Wieder dringt so ein Vorschlag aus den Debattenrunden
der schwarz-gelben Gesundheitspolitiker. Er lässt nur ahnen, auf
welchem Holzweg sie sich befinden. Glauben sie allen Ernstes, dass
sie mit einer Praxisgebühr pro Arztbesuch die Kosten dämpfen können?
Dass die kassenärztliche Bundesvereinigung in das gleiche Horn - wohl
eher eine Vuvuzela - trötet, verbessert den Vorstoß nicht. Sie müsste
wissen, was in den Arztpraxen los ist. Denn die von einer
Krankenkasse festgestellten 18 Arztkontakte pro Versicherten und Jahr mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|