WAZ: Zum Jahrestag der Terroranschläge - Der 11. September und wir. Leitartikel von Achim Beer
Geschrieben am 10-09-2010 |
Essen (ots) - Die Frage ist nun wirklich belanglos, aber gerade
deshalb sei sie hier gestellt: Flog die zweite Maschine eine Rechts-
oder eine Linkskurve, als sie in den Südturm des World Trade Centers
krachte? Es ist erstaunlich, aber viele Menschen kennen die Antwort.
Neun Jahre ist er nun her, dieser 11. September 2001. Bilder,
die sich in unser Gedächtnis gegraben haben. Und ein Tag, der die
Welt verändert hat.
In Afghanistan und im Irak stehen westliche Truppen, Aufständische
bekämpfen sie erbittert. In Pakistan, im Jemen, in Somalia tobt der
Guerilla-Krieg. Halb Amerika lehnt sich auf gegen eine einzige
Moschee, und ein Pastor will dort Korane verbrennen. In England und
Spanien gehen Bomben hoch, in Frankreich und Belgien erlassen sie
Kleidervorschriften. Und wir?
Was haben wir seit den Anschlägen über innere Sicherheit
diskutiert. Die Telefonverbindungen gespeichert, einen Trojaner
installiert - auf einmal stand unsere Privatsphäre auf dem Spiel. Und
die Menschenwürde, das wichtigste, auch: Denn die Luftwaffe sollte
Passagiermaschinen abschießen.
Wo ist in diesen Jahren unser Pazifismus geblieben? Die Bundeswehr
führt Krieg in Afghanistan. Es läuft nicht gut. Soldaten kommen um,
Zivilisten auch. Man spricht wieder von "Gefallenen", ein Minister
gefällt sich in Splitterschutzweste. Und um in Kriegseinsätzen
künftig besser zu bestehen, schaffen wir gerade eine Berufsarmee.
Wie hat sich auch unser Blick auf Fremde verändert. Früher hießen
sie "Gastarbeiter", in den Neunzigern sprach man von "Ausländern",
heute dreht sich die ganze Debatte um "Muslime". Es zeigt, der Staat
muss sein Verhältnis zur Religion neu klären: Dürfen Lehrerinnen
Kopftuch tragen, gehört der Islamunterricht an die Schulen? Und ein
Stadtrat legt fest, wie hoch Minarette sein dürfen.
Täuscht der Eindruck? Oder führen wir seit 2001 viel tiefere
Diskussionen darüber, wie unser Gemeinwesen sein soll, was es tun
muss und was es verlangen darf, als wir sie nach der
Wiedervereinigung geführt haben? Wir tun es. Und das bleibt nicht
ohne Folgen fürs Bewusstsein. Sie wissen, es war eine Linkskurve.
Aber sagen Sie doch mal, wie viele Säulen das Brandenburger Tor hat.
Wer weiß, vielleicht wird man später einmal sagen, dass der 11.
September die Gesellschaft der Bundesrepublik stärker verändert hat
als ihr eigener glücklichster Tag. Und dann zum Guten oder
Schlechten? Nun. Das Verfahren läuft. Wir haben es selbst in der
Hand.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
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