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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Libanon-Mission

Geschrieben am 13-09-2006

Leipzig (ots) - Mit zeitgeschichtlichen Superlativen politischer
Beschlüsse sollte eher sparsam umgegangen werden. Nicht alles, was
nach Regierungsentscheidungen mit dem Stempel historisch versehen
wurde, konnte in seiner Dimension das Verfallsdatum der jeweiligen
Koalition überleben. Wenn jetzt erstmalig deutsche Soldaten nach dem
Zweiten Weltkrieg im Nahen Osten eingesetzt werden, darf die von
Kanzlerin Angela Merkel beschworene geschichtliche Dimension dieses
Marschbefehls aber ausdrücklich unterstrichen werden.
Über 60 Jahre nach dem Holocaust wird die Armee aus dem Land der
Täter das Land der Opfer schützen - vor terroristischen Bedrohungen,
deren Hintermännern und Drahtziehern. Ein Wendepunkt in der deutschen
Außenpolitik, vergleichbar mit dem 1999 unter starken rot-grünen
Geburtswehen getroffenen Beschluss, die Bundeswehr zum Kampfeinsatz
im Rahmen einer - völkerrechtlich umstrittenen - Nato-Mission nach
Jugoslawien zu schicken.
Beim Libanon-Einsatz ist die Debatte um das Völkerrecht dagegen
müßig. Der Auftrag ist im Rahmen einer UN-Friedenstruppe und von der
Resolution 1701 gedeckt. Ohne diese Voraussetzungen wäre es für die
Koalition politisches Harakiri gewesen, den heikelsten Einsatz in der
Geschichte der Bundeswehr politisch auf den Weg zu bringen. Das
wochenlange Warten auf die Anforderung der libanesischen Führung,
verbunden mit quälenden Debatten um das Für und Wider dieser Mission,
hatte also auch sein Gutes. Niemand wird jetzt ernsthaft mehr
behaupten können, die Entscheidung sei leichtfertig und ohne genaue
Abwägung aller Umstände getroffen worden.
Zur Ehrlichkeit dieser Mission gehört auch, dass der
Verteidigungsminister die Risiken im Vorfeld nicht schönraspelt. Ein
romantisches Herumschippern auf dem Mittelmeer als maritime
Hintergrund-Dekoration in einer Kriegszone schließt sich im
Anti-Terror-Kampf aus. Daran lässt Franz Josef Jung, den der jetzt
beschlossene Einsatz in seiner Defensiv-Taktik der letzten Wochen
bestätigt, keinen Zweifel. Kontrollieren, Abdrängen und als letzte
Option das Stoppen von möglichen Waffenlieferanten der
radikal-islamischen Hisbollah - da ist das tödliche Risiko mit an
Bord. Mit diesem Kampfauftrag wird klar, dass die Sicherung des
fragilen Waffenstillstands in Nahost nicht nur mit ausgefeilten
diplomatischen Aktivitäten zu erreichen ist.
Ohne eine entsprechende Strategie für die Zeit nach einem Einsatz
würde die Entsendung der Bundeswehr in die Krisenregion allerdings
die Lage nur kurzfristig entspannen. Was passiert, wenn für die Zeit
nach einem erfolgreichen Kampf gegen einen Diktator und Massenmörder
das politische Konzept fehlt, ist aktuell im Irak zu besichtigen.
Insofern zeigen sich Kanzlerin und Außenminister gut beraten, wenn
sie die militärische Lösung nur als Zwischenschritt sehen.
Entscheidend wird sein, wie es nach der Mission weitergeht. Und da
steht die Klärung der Israel-Palästina-Frage an erster Stelle.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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