Westdeutsche Zeitung: Benedikt und der Islam = von Eberhard Fehre
Geschrieben am 15-09-2006 |
Düsseldorf (ots) - Nichts liebt das religiöse Gefühl so sehr wie seine Beleidigung. Die fast reflexhafte Empörung ist dabei keineswegs ein Privileg des Islam. Aber wer den Papst in seinen Regensburger Ausführungen ernst nimmt - und das will er ja wohl genommen sein -, der wird darin natürlich eine radikale Kritik am Islam sehen müssen. Benedikt spricht dem Islam die Gebundenheit an die Vernunft ab und setzt das Christentum als Vernunftsreligion dagegen.
Darüber lässt sich durchaus streiten. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass griechische Philosophie und römisches Recht, dass Renaissance und Aufklärung einen jahrhundertelangen Kampf führen mussten, um das Christentum halbwegs kompatibel zu machen mit dem, worauf wir als abendländisches Erbe zu Recht stolz sind. Die Scheiterhaufen der Inquisition waren wohl nicht gerade Freudenfeuer der Vernunft. Und wer das orthodoxe Byzanz als Kronzeugen heranzieht, wird sich auch an den vierten Kreuzzug 1204 erinnern lassen müssen, bei dem die päpstlichen Horden den Byzantinern ihren orthodoxen Kopf abschlugen, als diese sich weigerten, einen katholischen aufzusetzen. Etwas weniger Selbstgerechtigkeit und etwas mehr Demut täte also gut - beiden Seiten.
Aber wer mit ewigen Wahrheiten handelt, kann wohl nicht anders, als die Konkurrenz madig zu machen. Und es stimmt ja, dass der Islam - anders als das Christentum - nicht durch das Fegefeuer einer radikalen Aufklärung gegangen ist. Gewiss aber war es nicht Benedikts Absicht, die politischen Konflikte im moslemischen Raum in den zweifelhaften Rang eines heilsgeschichtlichen Endkampfes zu heben, wie es Ideologen auf beiden Seiten gerne tun. Doch genau dies scheint wieder einzutreten. Das ist Unfug, und ein gefährlicher dazu. Denn die Probleme sind so schon ernst genug.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
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