Rheinische Post: Nordkorea ganz nah
Geschrieben am 20-10-2006 |
Düsseldorf (ots) - Von Gregor Mayntz
Wo staatlich gesteuerte Medien Kochrezepte für Baumrinden verbreiten und preisen, wie gesund es ist, Gras zu essen, ist Menschenverstand weit weg. Nordkoreas Steinzeit-Stalinisten schotten das hungernde eigene Volk von allen realen Wahrnehmungen ab. In ihrem Machterhaltungswahn gehen sie buchstäblich über Leichen, wie Reisende und Geflohene berichten. Leider erstreckt sich die gestörte Wahrnehmung der Welt auch auf die Berechenbarkeit nordkoreanischer Außenpolitik. Die guten Nachrichten, die US-Außenministerin Condoleeza Rice nun in Peking erfuhr, sind kein Grund zum Aufatmen. Dass Nordkorea vorerst keinen zweiten Atomtest plant und vielleicht an den Verhandlungstisch zurückkehrt, bedeutet nicht einmal Licht am Horizont. Ein skrupelloses Land, das Atomwaffen hat und Geld braucht, liegt in Zeiten, in denen islamistische Terroristen größtmöglichen Schaden über den Westen bringen wollen, eben nicht auf der anderen Seite der Welt, sondern ganz nah vor unserer Haustüre. Die neue Abrüstungsinitiative von Außenminister Steinmeier beruhigt das Gefühl, irgendetwas tun zu müssen. Eine Lösungs-Perspektive enthält sie nicht. Denn sie setzt auf das Gegenteil von Pjöngjangs Politik, auf Rationalität.
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