Westfalenpost: Falscher Ehrgeiz Bundeswehr-Einsätze in der Kritik
Geschrieben am 29-10-2006 |
Hagen (ots) - Von Jörg Bartmann
Um sich der Debatte um die Bundeswehr zu nähern, gilt es, sich an Fakten zu halten: Allein gestern sind bei einem Nato-Militäreinsatz in Südafghanistan 55 Aufständische und ein Soldat der Schutztruppe ums Leben gekommen. Das ist kein Einzelfall, sondern die Normalität in einem schmutzigen Krieg. Und ohne Zweifel nimmt die Verrohung unter diesen Umständen enorm zu. Weil menschliche Sensibilität unter dem ständigen Gewaltstress über Bord gehen kann. Wenn man dazu bedenkt, dass höherer Sold und die Aussicht auf Kampfeinsätze Motive für Bundeswehr-Soldaten sind, sich für Auslandsaktivitäten zu bewerben, liegt es auf der Hand, dass nicht immer die richtige Auswahl getroffen wird. Das kann und darf wahrlich keine Entschuldigung für die Bilder mit den Totenschädeln sein, es erklärt aber einiges. Bei der verständlichen Entrüstung muss man zudem aufpassen, dass sie keine hysterischen Zügen annehmen. Nach hoffentlich schneller und kompletter Aufklärung der Affäre muss aufgearbeitet werden, dass die jungen Bürger in Uniform auf ihren Auslandseinsatz wenig vorbereitet wurden. Dabei stellt sich die Frage der Verantwortung, der politischen Ausrichtung. Nach wie vor ist die Bundeswehr eine Parlamentsarmee. Der Ehrgeiz mancher Politiker deckt sich aber nicht mit den Gegebenheiten. Jürgen Trittin, ehemals Umweltminister, jetzt verantwortlich für außenpolitische Themen der Grünen, fordert weitere Einsätze im Ausland. Ja, wo leben wir denn? Oder Peter Struck (SPD). Als Minister hat er die Maxime ausgegeben, dass die Verteidigung am Hindukusch beginnt. Jetzt, als Fraktionsvorsitzender, setzt er auf Zurückhaltung bei Auslandseinsätzen. Ist er geläutert oder ruft da der Brandstifter nach der Feuerwehr? Diese beispielhaften chamäleonartigen Aussagen sind gefährlich und verstärken den Eindruck, dass Politiker in ihrem Ehrgeiz, Deutschland internationale Verantwortung aufzubürden, fahrlässig handeln: Ohne strategische Ausrichtung, ohne Fürsorge, ohne Rückhalt für die Bundeswehr. Ein verheerender Eindruck. Und die Armee selbst muss sich dann noch für ihre Überforderung rechtfertigen. Es scheint an der Zeit, Selbstverständliches einzufordern. Im Bundestag muss die Wahrheit auf den Tisch. Da darf auch Verteidigungsminister Jung bei der Argumentation für den brisanten Libanon-Einsatz nicht haarscharf an einer Lüge vorbeischrammen. Es gilt, Etliches schnell zu klären. Vordringlich und ohne Abstriche: Wenn schon Auslandseinsätze, dann mit der notwendigen Ausbildung und ehrlicher Rückendeckung.
Originaltext: Westfalenpost Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58966 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58966.rss2
Rückfragen bitte an: Westfalenpost Redaktion Telefon: 02331/9174160
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
37028
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Polen provoziert Düsseldorf (ots) - Von Godehard Uhlemann Das deutsch-polnische Spitzentreffen heute steht unter keinem guten Stern. Polens Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski attackiert mit heftigen Worten die Bundesregierung. Das mag zulässig sein, doch am Vorabend seines Berlin-Besuchs ist es mehr als ungeschickt. Es ist eine bewusste Provokation. Inhaltlich wird auch ein erschreckendes Politik-Verständnis Kaczynskis deutlich. Polens Ministerpräsident fordert unter anderem die Regierung Merkel auf, die Vertriebenenverbände in die Schranken zu weisen. mehr...
- WAZ: Rückendeckung für Ekin Deligöz: Gleiche Rechte Kommentar von Sigrid Krause Essen (ots) - Als im Sommer die türkische Rechtsanwältin Seyran Ates nach Morddrohungen muslimischer Machos ihre Kanzlei aufgab, ging ein Aufschrei durch die Republik: Es dürfe nicht sein, dass eine engagierte Juristin mitten in Deutschland vor Fundamentalisten kapituliert, weil sie um ihr Leben fürchten muss. Damals dauerte es unerträglich lange, bis sich auch Politiker und namhafte Zeitgenossen hinter Ates stellten. Nun steht erneut eine Frau im Fadenkreuz der Fundamentalisten. Dass gerade sie, die als Türkin geboren wurde, so klar die mehr...
- WAZ: Debatte über Auslands-Einsätze: Deutschland und der Hindukusch - Kommentar von Lutz Heuken Essen (ots) - Nun haben die schäbigen Fotos aus Afghanistan ja doch noch ihr Gutes: Endlich wird - und das nicht nur in Berlin - offen über den Sinn der vielen deutschen Auslandseinsätze debattiert. Denn das begreifen sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung bislang offenbar nur die wenigsten: Die Bundesregierung hat nicht das Technische Hilfswerk an den Hindukusch geschickt und nicht den Arbeiter-Samariter-Bund in den Kongo. Sondern Soldaten, die notfalls töten müssen. Und die getötet werden können. Zu den weltweiten Einsätzen mehr...
- LVZ: Überfordert Leipzig (ots) - Von Olaf Majer Stolz nahmen Kanzler und Außenminister zur Kenntnis, dass mit jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr die Bedeutung Deutschlands in der Welt stieg. Was mit Bosnien 1995 unter Kohl begann, wurde unter Rot-Grün fast zur Normalität: Deutsche Ordnung und Zuverlässigkeit waren bei internationalen Kriseneinsätzen gefragt. Das Bundeswehrbarrett als neuester Exportschlager - schnell entstand der Eindruck: Wir sind wieder wer, auch in Uniform. Im Gleichschritt ging es marsch, marsch vom Balkan bis zum Horn von Afrika, mehr...
- Rheinische Post: Linssen wirft Steinbrück und Koch Versagen vor Düsseldorf (ots) - NRW-Finanzminister Helmut Linssen hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) völliges Versagen bei den Verhandlungen zur Unternehmensteuer-Reform vorgeworfen. "Die Modelle passten vorne und hinten nicht, wie unsere Berechnungen ergeben haben", sagte Linssen der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post (Montagausgabe). Linssen kritisierte außerdem, dass die beiden Unterhändler ihn nicht ausreichend über die Verhandlungsergebnisse informiert und sich zu sehr an mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|