Westdeutsche Zeitung: Eine durch und durch schäbige Affäre = Von Eberhard Fehre
Geschrieben am 16-04-2007 |
Düsseldorf (ots) - Es war ein quälend langer und am Ende auch nicht so recht überzeugender Weg, den Günther Oettinger nach seiner sachlich in Teilen skandalösen, in Ton und Haltung aber zumindest peinlichen Trauerrede für Hans Filbinger zurücklegen musste. Das angfängliche, auch von Trotz getragene "Ich habe nichts zurückzunehmen" hielt nur wenige Tage. Am Sonntagabend folgte ein erster Rückzieher: Die in ein Bild-Interview gekleidete Erklärung, nach Merkels öffentlicher Rüge unumgänglich, sollte den Druck vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten nehmen, ohne dass er in der Sache selbst ein Komma seiner umstrittenen Rede zurücknehmen wollte. Entsprechend verquast fiel die Erklärung aus.
Oettinger bedauerte nicht, was er gesagt hatte. Er bedauerte Missverständnisse, er bedauerte die Wirkung, und er bedauerte die Ungunst eines Publikums, das ihn offenbar falsch verstanden habe. "Sollte das geschehen sein, tut es mir leid. Und dafür entschuldige ich mich auch." So der Originalton Oettinger. Das Zauberwort "entschuldigen" wie inhaltslos es am Ende auch war sollte Oettingers Stuhl retten. Stunden später reichte auch das nicht mehr. "Ich halte meine Formulierung nicht aufrecht" und "Ich distanziere mich davon", musste Oettinger nach dem CDU-Präsidium erklären. Angela Merkel hat sich durchgesetzt. Oettinger ist zwar schwer beschädigt, aber er darf im Kreis der CDU-Führung weiter mitspielen. Auch wenn die Opposition noch Unfreundlichkeiten murmelt, formal ist die Affäre beendet: So hat es die Union beschlossen, und so wird es jetzt auch kommen.
Doch das ist nur die Ebene des politischen Geschäfts, des taktischen Kalküls und der Strippenzieher, die sich natürlich auch unter denen finden, die die verunglückte Filbinger-Trauerfeier durchaus für eigene Zwecke zu nutzen wussten. Wichtiger aber ist die gesellschaftliche Ebene: Dass es eine bürgerliche Öffentlichkeit nicht hinnehmen konnte und wollte, dass unter dem Deckmantel der Pietät ein allenfalls mit unverdienter Nachsicht zu behandelnder Mitläufer in den Rang eines "NS-Gegners" geadelt wurde und tatsächliche Todesurteile mit schäbigen semantischen Tricks hinweggelogen wurden. Und das ist immerhin die gute Seite an dieser sonst durch und durch schäbigen Affäre.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
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