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WAZ: Die Kirchen-Kritik der Landes-CDU: Wenn der Mann den Hund beißt - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 28-08-2007

Essen (ots) - Kirche greift CDU an. Das wäre als Nachricht banal,
so wie: Hund beißt Mann. Eine Glaubensgemeinschaft, ihrer reinen
Lehre verpflichtet, muss sich reiben an einer Partei, die ein
Regierungs-Abo beansprucht. Wer regiert, schließt Kompromisse,
verstößt also gegen das Ideal.

Gerade darum ist der Angriff des Düsseldorfer
CDU-Fraktionsvorsitzenden Stahl auf die Kirche eine Nachricht von der
Kategorie: Mann beißt Hund. Ein bemerkenswerter Vorgang also. Nicht,
weil man erwarten müsste, dass das Verhältnis zwischen Kirche und CDU
wegen des "C" im Parteinamen doch eigentlich konfliktfrei verlaufen
müsste, sondern: weil dieses Mal ausgerechnet die Vertreter der
Realpolitik gegenüber den Kirchen-Idealisten quasi Treuebruch
beklagen.

Wobei im konkreten Fall die Enttäuschung der C-Partei über die
C-Gemeinschaft verständlich ist. Schließlich werden die dramatisch
unter Spardruck stehenden Kirchen im Kinderbildungsgesetz finanziell
entlastet; sich dennoch über die (un)sozialen Folgewirkungen von
Kibiz zu beklagen, wirkt heuchlerisch. Und das
Sonntags-Verkaufsverbot der Landesregierung geht auf kirchliche
Wünsche zurück. Anschließend den Verkauf von Blumen an Sonntagen zu
reklamieren, ist gleichfalls mindestens schlechter Stil. Nur beim
Kopftuch-Verbot sieht die Sache anders aus: Hier fürchten die Kirchen
womöglich zu Recht, dass Nonnentracht und Kreuz aus den Schulen
weichen müssen, wenn dies auch für das islamische Tuch gilt. Dies
legt jedenfalls ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nahe.

Weshalb nun erwartet die CDU von der Kirche Dankbarkeit, und vor
allem: Weshalb tut sie dies öffentlich? Vielleicht deshalb: Wenn die
Zahl derjenigen, von denen man gemocht wird, ohnehin abnimmt, wiegt
enttäuschte Liebe besonders schwer. Wenn schon Eltern und Beamte und
sowieso Gewerkschaften auf einen einprügeln, dann hätte man doch
erwartet, dass wenigstens jene sich in Zurückhaltung, wennschon nicht
Solidarität üben, mit denen man immerhin den christlichen Namen
teilt.

Stahls Kritik ist eine Frucht gewachsener Empfindlichkeit, zeugt
mithin nicht von Stärke, sondern Schwäche. Ginge es der CDU um die
Sache, sie würde auf Öffentlichkeit verzichten und ihren Einfluss,
wenn es ihn denn noch gibt, im Stillen ausüben. Die Kirchen, derart
als Abtrünnige verunglimpft, sollten elegant auf ihre
parteipolitische Unabhängigkeit hinweisen. Es wäre eine Klarstellung
unter charakterverschiedenen Freunden.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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